Die derzeitige, rechtspopulistische Regierung kämpft nicht nur mit Waldbränden. Das Land steckt in einer Rezession, die Rohstoffförderung hat hier ähnliche Probleme wie beim Nachbarn Venezuela: Die Anlagen sind veraltet, schlecht gewartet, ineffizient und unsicher. Hinzu kommt ein außer Kontrolle geratenes Rentensystem.
Steuersenkungen sind populär. Trotzdem will der Staat finanziert werden. Eine Auktion von Konzessionen der Tiefsee-Ölvorkommen kommt wie gerufen. Mehr als 50 Milliarden Dollar können so in die Staatskassen gespült werden, versprechen die Berater. Hinzu kommen Steuern auf das geförderte Öl.
Am Mittwoch war es dann soweit. 17 Bieter waren nach Rio angereist. Der Energieminister war persönlich anwesend und verbreitete optimistische Statements. Im Angebot: vier erschlossene TiefseeÖlfelder.
Letztlich war die Enttäuschung riesig: Für zwei Felder fand sich kein Bieter. Die übrigen gingen zum Mindestgebot an die heimische Petrobras bzw. einem Joint Venture mit chinesischen Partnern. Anstatt 50 Milliarden Dollar flossen der Staatskasse nur 17 Mrd. $ zu. Geld, dass Petrobras sich über Abschreibungen größtenteils wieder vom Staat zurückholt.
Der unbefriedigende Verlauf der Auktion wird von einigen Kommentatoren als Mißtrauensbekundung der Kapitalseite gegenüber der amtierende Regierung interpretiert. Andere sehen hierin einen weiteren Hinweis auf eine Abkehr von fossilen Energieträgern. Hinzu kommt die Tatsache, dass gleichzeitig die RoadShow zum Börsengang von Aramco läuft.
Unmittelbar vor dem Börsengang von Aramco stehen die Investoren vor der Wahl, Kapital in Tiefseefelder im Atlantik zu stecken, deren Ausbeutung nur mit hohem Einsatz von Technik gelingt, oder Aramco-Aktien zu erwerben und so direkt am Erlös aus riesigen, einfach zugänglichen, schwefelarmen Ölfelder partizipieren zu können.
Im Grunde stellt der Börsengang der Aramco sämtliche Öl-Explorationen unter einen Vorbehalt. Warum verscherbelt SaudiArabien seine bisherige Haupteinnahmequelle und zahlt den zukünftigen Anteilseignern eine Dividende, anstatt im Volumen des Börsenganges Staatsanleihen auszugeben und (weniger) Zinsen zu zahlen? Warum greifen institutionelle Investoren angesichts »sicherer« Dividenden von 3 % p.a. nicht beherzt zu?
Immerhin fördert Aramco elf Prozent des global verarbeiten Öls. Stecken hinter der Zurückhaltung der potentiellen Investoren mehr als nur Zweifel an der auch zukünftigen Dominanz des Staats bei allen Entscheidungen?
Im Wochenbericht 39 wies Hieronymus bereits auf den Kampf der Energieunternehmen um Investorengelder hin. Der damalige Anlass: Total verdoppelte seine Dividende um seine Marktkapitalisierung zu stützen. Der französische Energiekonzern finanziert die zusätzlichen Ausschüttungen durch Verkäufe von Tochtergesellschaften. Jetzt betreten zwei weitere Spieler das Feld. Zusätzliches Angebot trifft auf eine stagnierende Nachfrage. Sinkende Bewertungen der Assets sind die logische Folge.
Die US-Großbank Bank of America publizierte eine Studie, wonach nachhaltige Investmentsfonds bis 2030 mit mehr als 1.000 Milliarden Euro an Zuflüssen rechnen können. Das Thema: »Geldanlage mit gutem Gewissen« ist demnach im Mainstream angekommen. Die Klimabewegung ist in der Breite der Gesellschaft verankert, viele ihrer Protagonisten verfügen über Kapitalanlagen. Bei Neuabschlüssen ist die Frage nach der Nachhaltigkeit einer Anlageform vielfach zentrales Entscheidungskriterium.
Auf Nachhaltigkeit spezialisierte Fonds entwickeln sich zu einer globalen Marke. Zwei Drittel aller Fonds werden aus Europa gemanagt. Kurz: Europa ist auf einem guten Weg, einen Nachhaltigkeitscluster für Vermögenswerten zu erschaffen.
Im April 2019 meldete der Windenergieanlagenbauer Senvion Konkurs an. Die Konkursmasse wurde von Siemens Gamesa geschluckt, 900 Mitarbeiter verloren ihre Arbeitsplätze. Im August kündigte Enercon, der Platzhirsch der Branche, an, 800 Arbeitsplätze ins Ausland zu verlagern. Inzwischen hat sich die Krise weiter zugespitzt: 3000 Mitarbeiter in den Werken von Enercon und seinen Zulieferern verlieren ihre Arbeitsplätze.
Zeitgleich rühmt sich die Große Koalition, ein ambitioniertes Klimaprogramm auf dem Weg gebracht zu haben. Hieronymus fragt, wer die erforderlichen Anlagen fertigen soll, die Voraussetzung für zusätzlichen Strom aus regenerativen Quellen sind?
Die Punjab and Maharashtra Co-operative Bank dominiert die Schlagzeilen. Das Kreditinstitut war eine Kooperation mit einem Immobilienentwickler eingegangen und hatte großzügig Hypotheken vergeben. Als dieser zahlungsunfähig wurde, entdeckte man, dass die ausgegebenen Hypotheken 70 % des Kreditbestandes der Bank ausmachten. Das ist auch in Indien nicht zulässig. Um dies zu vertuschen, verteilte das Management die Hypotheken auf 21.000 buchhaltärische (virtuelle) Kunden. Das Management wurde inzwischen verhaftet.
Der Skandal lenkte die Aufmerksamkeit auf den Zustand der indischen Banken. Tatsächlich wurden diese zwischen April und Juni Opfer von mehr als 2.400 aufgedeckten Betrügereien, die Schäden von 4,5 Mrd. $ verursachten. Die indische Regierung hat reagiert und die Fusion von ehemals 10 Banken zu vier neuen Kreditinstituten verfügt.
Ausländische Medien spekulieren, dass die notwendigen Restrukturierungen die Kreditvergabe in den nächsten Monaten hemmen werden – mit negativen Konsequenzen für Konjunktur und Kapitalmärkte.
Vor der Finanzkrise war der Ölpreis höher, als 100 Dollar pro Barel Rohöl. Für schwefelhaltiges Öl rechnete man mit einem Abschlag von 20 Prozent, daraus ergab sich ein kalkulatorischer Ölpreis von 90 $ für die gefundenen Ölreserven. ↩