Der Standort zeichnet sich durch eine dünne Besiedlung und viel Wind aus, der in Windparks in der direkten Umgebung geerntet und in Wasserstoff transformiert wird.
In unmittelbarer Nachbarschaft will ein Konsortium, bestehend aus Vattenfall (Energieerzeugung), SSAB (Stahlerzeugung) und LKAB (Eisenerz), ein weiteres Stahlwerk errichten. Der arktische Norden Schwedens entwickelt sich zum Hub für Rohstahl.
Deutschland macht derweil, was es am besten kann: das Management komplexer Wertschöpfungsketten. HINT.CO ist der zentrale Infrastrukturbaustein (Hydrogen Intermediary Network Company). HINT.CO ist eine (globale) Handelsplattform für industriellen Wasserstoff nebst einer kontinentalen Distributionsinfrastruktur. Auch in Deutschland schreibt man das nächste Kapitel der industriellen Revolution und schafft Investitionssicherheit für Transitionsprojekte.
Die aktuell hohen Energiepreise katalysieren den Prozess. Bereits im Juli gab Salzgitter den Start von SALCOS bekannt. Für mehr als 750 Mio. € wird die Stahlproduktion des Konzerns bis 2033 auf Wasserstoff umgestellt sein. Das Besondere hier: Die Transition wird durch langfristige Lieferverträge mit lokalen Industrieunternehmen erst möglich. Es bildet sich eine neue, verflochtene Deutschland AG heraus.
Die europäische Industrie scheint allgemein aufgewacht zu sein. Die Liste jetzt begonnener Umrüstungen wird täglich länger. Wiederum in Schweden (diesmal in Gotland) errichtet Heidelcement das erste CO2-freie Zementwerk und experimentiert (wie auch die Konkurrenz) an anderen Standorten mit Verfahren, die Zementherstellung nachhaltiger zu machen. Von außen betrachtet, herrscht in der Zementindustrie eine postfossile, frühkapitalistische Aufbruchstimmung. Es liegt in der Natur der Sache, dass ein Großteil der aktuell verfolgten Projekte in eine Sackgasse führt. Deshalb verlangen Investoren hohe Risikoprämien – niedrige Marktbewertungen sind die Konsequenz.
Energieintensive Produktionen stehen wegen der volatilen Energiepreise entweder vor dem aus (prominentes Beispiel: Hakle) oder es gelingt, schnell eine autonome (d.h. heute: regenerative) Energieversorgung sicher zu stellen. Auch hier melden die Unternehmen im wöchentlichen Rhythmus Fortschritte. So wird der BASF Standort Antwerpen zukünftig mit Windstrom eines konzerneigenen Offshore-Windparks versorgt und ab 2030 CO2-neutral produzieren.
So positiv der strategische Ausblick ist, der Transitionsprozess ist steinig. Die Projekte sind teuer und es ist nicht sicher, ob sich die gewählten Verfahren langfristig durchsetzen. Amortisationszeiten sind lang und zukünftige Renditen keinesfalls in Stein gemeißelt. Transitionsprozesse sind eigentlich Spielwiesen für Venture-Capital. Aktuell sind aber börsennotierte Unternehmen gezwungen, sich hier im signifikanten Ausmaß zu engagieren. For the Record: Transition unterscheidet sich von Innovation im Kerngeschäft. Investoren verlangen (völlig zurecht) höhere Risikoprämien für ihr Engagement. Konsequenz: Aktuell belohnt der Kapitalmarkt weder die “Weiter so”- Front (Insolvenzgefahr) noch die Protagonisten der nachhaltigen Revolution. Der Aktienpreis der BASF entspricht beispielsweise dem im Juni 2010 und Februar 2007.
In der vergangenen Woche erhöhten Großbritannien, Norwegen, Schweden, die USA und die Schweiz die Leitzinsen. Die türkische Notenbank gab dagegen eine weitere Zinssenkung um ein Prozent bekannt. Japan veränderte den Zinssatz nicht.
Die US-FED verschärfte ihre Rhetorik und stimmte die Marktteilnehmer (verbal) auf weitere Zinsschritte ein, die unabhängig von den ökonomischen Rahmenbedingungen erfolgen werden.
“I wish there was a painless way to do that. There isn’t,” (Jerome Powell)
Die Marktteilnehmer passten ihre Zinsverlaufsmodelle sofort an die kommunizierte Realität an. Anstatt einem Peak der Renditen auf US-Staatsanleihen bei 3.9 % im März 2023 geht die Mehrheit nun von einer Top-Bildung oberhalb von 4 Prozent aus. Man richtet sich auf eine längere rezessive Phase ein – und dann wieder dynamisch sinkenden Marktzinsen. Die Rezessionserwartungen spiegeln sich in der invertierten Zinsstrukturkurve.
In der vergangenen Woche ist auch die Zinsstrukturkurve in Europa invertiert. In den USA handeln Staatsanleihen mit 2 - 3 Jahren Restlaufzeit mit Renditen von 4,2 Prozent. Anleihen mit dreißig Jahren Laufzeit handeln bei 3,6 %. In Deutschland notieren Kurzläufer bei zwei Prozent Rendite, Langläufer handeln bei 1,88 Prozent. Damit sind die Zinsstrukturkurven in allen Industriestaaten (außer Japan) invertiert.
Die Bank of Japan hält als einzige Notenbank eines Industriestaats an der Nullzinspolitik fest. Unmittelbar nach dem Zinsentscheid gab die Währung stark nach. Sofort intervenierte die japanische Notenbank. Die Message an die Marktteilnehmer ist deutlich: Jede Spekulation gegen den Yen wird unterbunden. In der Vergangenheit hat die Bank of Japan gezeigt, wie eine Notenbank mit Spekulationen am Rentenmarkt umzugehen hat. Nun wird die Kontrolle auf die Währung ausgedehnt.
Die Abb. 3 zeigt die relative Kursentwicklung des Yen zum Euro. Zwischen 2009 und 2012 wertet der Yen deutlich gegenüber dem Euro (und dem US-Dollar) auf, bis 2020 korrelierten beide Währungen zum US-Dollar. Seit August 2020 divergieren die Währungen wieder. Der Yen wertet deutlich stärker gegenüber dem Yen ab, als der Euro. Bereits diese, im historischen Kontext geringe Divergenz zur allgemeinen Abwertung von Währungen zum USD, hat die Notenbank auf den Plan gerufen. Hieronymus erwartet weitere Interventionen und die Ausbildung einer Stabilitätszone im Verhältnis JPY/USD.
Zum Wochenende markieren diverse Währung eine historische Schwäche gegenüber dem US-Dollar.
Die allgemeine Flucht in den US-Dollar deutet auf eine Panikstimmung unter den aktiven Marktteilnehmern hin. Starke Bewegungen am Währungsmarkt gehen sehr häufig einher mit Extremsituationen in anderen Marktsegmenten.
Der Dollar-Index bildet die Währungsrelationen des US-Dollar zu den Haupthandelspartnern der USA ab. Charttechnisch bildet sich hier eine Fahnenstange aus: Am Ende einer Entwicklung verstärkt sich die Dynamik. Dann fällt der Trend in sich zusammen.
Die Intervention der Bank of Japan zeigt einen möglichen Auflösungspfad der aktuellen Währungstrends. Ein gegenüber allen anderen Währungen aufwertender US-Dollar wirkt den Bemühungen der FED entgegen, die US-Ökonomie kontrolliert abzukühlen. Eher früher, denn später muss dieser Entwicklung Einhalt geboten werden.
Die Weltbank sandte bereits in der Vorwoche einen Brandbrief, in dem sie die Notenbanken zu konzertiertem Vorgehen in der Inflationsbekämpfung aufruft. Die Message: Anstatt aggressiv einseitig die Zinsen zu erhöhen und eine globale Rezession zu riskieren, sollten die Notenbanken einen abgestimmten, graduellen Zinspfad einschlagen. Die FED hat diese Empfehlung in den Wind geschlagen. Daraufhin setzte eine Kettenreaktion an Zinserhöhungen ein. Keine der individuellen Abwehrmaßnahmen der lokalen Notenbanken wirkte.
Hieronymus erwartet, dass die Notenbanken nun der Empfehlung der Weltbank folgen werden und die Finanzmärkte stärker moderieren. Das muss nicht bedeuten, dass die eingeschlagenen Trends verlassen werden. Notwendige Bewertungsanpassungen kann keine konzertierte Aktion verhindern. Kollateralschäden können aber vermieden werden.
Wie 2008 ist der Immobilienmarkt die Achillesferse des Kapitalmarkts.
Die Assetklasse Immobilien trägt die höchste Zinssensitivität. Zwischen 2004 und 2007 erhöhte sich deren Bewertung mit den damals steigenden Marktzinsen graduell. 2007 platzte dann die Blase. Aktuell erhöht sich die Bewertung sehr dynamisch. Fakt ist: Die Marktpreise für Immobilien sind quasi unverändert, das Zinsniveau hat sich aber dramatisch verändert. Hier steht ein Anpassungsprozess ins Haus, der nach
einer Moderation schreit.
Wohin die Reise geht, zeigt der Blick auf Immobilienaktien.
Noch vor einem Jahr kostete eine Vonovia-Aktie 61 €. Zum Wochenschluß handelte das Papier bei genau 22 €, soviel wie zuletzt 2014. Das KGV der Vonovia Aktie liegt selbst nach der Preiskorrektur noch über zehn. Sollten die Marktzinsen weiter steigen, ist die Aktie sofort wieder teuer.
In den USA müssen Kreditnehmer aktuell einen Zinssatz von 6,3 % für Hypotheken mit 30 Jahren Laufzeit akzeptieren. Das ist mehr als doppelt so hoch, wie im Januar 2022. Das erhöht die Eintrittsbarriere für junge Familien, die erstmals eine Immobilie kaufen. Der starke Zinsanstieg trocknet den Markt aus. Wer seine Wohnung, sein Haus abgibt, verliert auch die bestehende Hypothek. Nach einem Umzug in ein gleich bewertetes Objekt verdoppelt sich die monatliche Belastung. Welch Wunder, dass das Angebot an Immobilien in den USA landesweit stark zurückgeht. Illiquide Märkte sind anfällig für Fehlbepreisungen und starke Preisausschläge. Aktuell bieten fehlbepreiste Immobilien in den USA, in Großbritannien, Australien, Kanada und Europa das größte Potenzial für Preisturbulenzen an den Aktienmärkten.
In der turbulenten vergangenen Woche sind die großen Indizes an ihre bisherigen Jahrestiefs herangelaufen oder haben diese bereits unterschritten (z.B. DAX). Kurzfristig sind die Märkte überverkauft. Weitere Preisrückgänge sind in der kommenden Woche wenig wahrscheinlich. Es ist aber geboten, das Depot gegen weitere Preisrückgänge abzusichern.