Gemäß der Statistik der Bank of America floss bis Mittwoch 7 Mrd. $ ausländisches Kapital aus europäischen Aktienfonds ab, die Ausflüsse halten seit drei Wochen an. Die Tatsache, dass sich die Marktpreise während der gerade laufenden Dividendensaison nicht verändern, als Resilienz zu interpretieren, ist gewagt. Frankreich hat bis dato den europäischen Markt permanent outperformt. Im April ist der Aktienpreisverlauf absolut neutral. Ganz leichte Erträge in der Monatsmitte wurden in der letzten Woche bei steigender Volatilität egalisiert.
Apropos Volatilität
Die ist im April deutlich zurückgekommen. In der Abb. 2 fasst eine Kerze die Entwicklung einer Woche zusammen. Trotz größerer Intraday-Preisveränderungen hat sich die Volatilität per Wochenschluß nicht verändert. Die Kernaussage der Volatilitätsbetrachtung: Das Risiko für größere Preisabschläge ist aktuell gering, wie zuletzt im Oktober und November 2021. Von April 2021 bis Februar 2022 schwankte der EuroStoxx50 im Bereich 4.000 bis 4.400 Punkten. In der Periode vergleichbarer Volatilität durchmaß der Index die gesamte Handelsspanne von unten nach oben.
Vor einem Jahr war die saisonale Rhetorik (Sell in May …) mindestens genauso präsent, wie aktuell. Tatsächlich gaben die Marktpreise an den Aktienmärkten temporär ob der massiv steigenden Marktzinsen immer wieder nach. Sie erholten sich aber danach genauso schnell. Das Marktsentiment unterschied sich kaum vom Aktuellen. Angesichts der damals galoppierenden Inflation ist die Skepsis im Mai 2021 auch rückblickend nachvollziehbar. Sollten sich ein Jahr später weder die Argumente noch die Preisreaktion verändert haben?
In der Summe spricht gegenwärtig sehr viel für eine marktneutrale Handelsstrategie. Tage mit sinkenden Notierungen sind Gelegenheiten zum Positionsaufbau, steigende Notierungen Anlässe für Gewinnmitnahmen. Bevorzugte Handelsinstrumente: Optionen. Renditequelle: Der Zeitwertverfall. Motto: In der Ruhe liegt die Kraft.
In der Berichtswoche hat die Mehrzahl der börsennotierten Unternehmen in den USA die Q1-Quartalszahlen veröffentlicht. Die Berichtssaison ist damit durch. In Europa hat erst die Hälfte der Unternehmen die Jahres-HV inclusive der anschließenden Dividendenausschüttung hinter sich.
Prägnantestes Merkmal der US-Berichtssaison war die Impulslosigkeit des breiten Marktes
Der Russell 2000 schloß fast exakt auf dem Preisniveau des Monatsbeginns.
In den USA beginnt mit dem Monatswechsel unmittelbar der impuls- und volumenarme Sommerhandel. Europa gleitet in den nächsten beiden Wochen allmählich in diese Marktphase. Unter saisonalen Aspekten beginnt die »saure Gurkenzeit«.
Bereits der vergangene Monat glänzte mit geringen Handelsspannen und abnehmenden -volumina. Die Aktienmärkte sind ab jetzt anfällig für spekulative, wenig nachhaltige Preistreibereien.
Dank einer starken Preisentwicklung zum Monatswechsel konnte die Nasdaq den April mit einem veritablen Preisaufschlag von 9 Prozent abschließen. Die Performance geht hier fast vollständig auf das Konto der dominanten Technologie-Giganten: Microsoft, Amazon, Meta, Alphabet, Nvidia. Die Ursache hierfür ist inzwischen auch bekannt: Hedge-Fonds hatten nach der Underperformance der Werte in 2022 auf eine Fortsetzung dieses Musters gewettet. Gemäß den Quartalsstatements kostete diese Wette 18 Mrd. $. Die Preissteigerungen in diesen Werten geht zu einem Großteil auf das Konto von Short-Eindeckungen.
Damit sollte die Phase der mysteriösen Outperformance der Technologietitel zu einem Abschluß kommen.
Futter für das Lager der Aktienbären liefert die inzwischen in den USA gelistete STMicroelectronics. Gemeinsam mit Infinion ist STM das Rückgrat der europäischen Chip-Initiative. Es ist das erklärte Ziel, die Abhängigkeit von asiatischen Produzenten zu reduzieren. Die beiden Unternehmen können mit massiver staatlicher Unterstützung expandieren.
Die Aktie hat zum Monatsbeginn ein Top bei 53,50 $ ausgebildet. Zum Monatswechsel handelt der Wert mit einem Abschlag von 10 $. Als Ursache müssen sinkende Nachfrage und nachgebende Chippreise in Taiwan
herhalten. Das Ausmaß des Ausverkaufs dieses Titels wird in den sozialen Medien als Vorbote übergreifender Preiskorrekturen herumgereicht. Hieronymus nimmt dies zur Kenntnis, sieht aber gerade beim Vergleich mit der Infineon kein sektorspezifisches Muster.
Am Montag beendete Martina Merz, CEO von ThyssenKrupp, abrupt ihr Mandat. Der Vertrag lief eigentlich noch drei Jahre. Ohne eine weitere Begründung übergab sie die Aufgaben an den offenbar hektisch nominierten ehemaligen Vorstand von Siemens-Gamesa.
Der Einbruch der Aktie war Tagesthema.
Bereits zur Wochenmitte zeigte sich mit Emirates Steel Arkan ein weißer Ritter. Frau Merz stand für einen harten Sanierungskurs von ThyssenKrupp. Eine Abspaltung des Stahlgeschäfts war zentrales Element der Strategie. Hieronymus hat schon die Abspaltung der Aufzugssparte nicht verstanden. Angesichts der Potenziale der grünen Stahlherstellung in Europa machte die Abspaltung dieser Zukunftssparte überhaupt keinen Sinn. Im Zuge einer möglichen Kooperation mit Arkan sind die Türen weit geöffnet für eine – im positiven Sinne – technologieoffene Fortsetzung der Stahlherstellung in Europa.
In diesem Zusammenhang ist die Charttechnik der Thyssen-Aktie interessant. Unter hohem Volumen wurde die gesamte Tradingrange durchhandelt, nachdem vorab ein False-Break der oberen Trendkanalbegrenzung auftrat. Damit wurde die Tradingrange lehrbuchartig bestätigt. Auf der Preisunterseite testete die Aktie ebenfalls die Grenze der Tradingrange. Es spricht einiges für eine Fortsetzung des Handels zwischen 6 und 7,5 Euro.
ThyssenKrupp gehört neben der Vodafone zu den interessantesten Turnaround-Spekulation am europäischen Kurszettel.