Auf Projektebene zeigt sich bei ökonomisch sinnvollen Coins bei stabilen Notierungen ein steigendes Interesse. Das zeigt die Abb. 2. Opulus verspricht Musikern eine Crowdfunding-ähnliche Finanzierung ihrer Veröffentlichungen. Die Plattform positioniert sich zwischen klassischen (ausbeuterischen) Musik-Labels und der Selbstausbeutung der Musiker durch Eigenproduktion. Für solche Projekte ist das Kryptosegment eine gute Basis. Das augenscheinlich weiter bestehende Interesse an diesem Nischenprodukt könnte auf ein Ende des derzeitigen »Krypto-Winters« hindeuten.
ChatGPT revolutioniert gerade bislang »digitalresistente« Bereiche. Gegründet von Nerds aus der Generation »Raumschiff Enterprise«, hat sich das Unternehmen hinter der populären App zu einem mit 30 Milliarden Dollar bewerteten Unicorn entwickelt. Die Öffentlichkeit ist nur allzu gern bereit, sich als Betatester für die Algorithmen zur Verfügung zu stellen. Texte, die ChatGPT verfasst, sind kaum von ihren professionell erstellten Pendants zu unterscheiden. Selbst Autoren von Romanen und Novellen sind augenscheinlich durch (Open-Source-) Algorithmen ersetzbar. Es ist kaum absehbar, welche Bedeutung algorithmisch erzeugte Erzählungen für das Metaverse haben werden.
Microsoft setzt auf dieses Pferd und investiert 10 Milliarden Dollar. Damit setzt das Unternehmen aus Seattle konsequent seine Diversifizierungsstrategie fort. Dies wird von den Kapitalmärkten aktuell nur mäßig honoriert. Die Aktiennotierung ist im Jahresvergleich um 23 Prozent gesunken.
Die Schweizerische Nationalbank, eine börsennotierte Notenbank mit den Kantonen als Großaktionären, schüttet für 2022 keine Dividende aus. Der Grund: Zur Stützung des Franken hat die Bank Franken verkauft und im Gegenzug große Fremdwährungspositionen aufgebaut. Deren Wert ist 2022 deutlich gesunken. Das schlägt sich massiv in der Bilanz der Notenbank nieder.
Es gehört zu den Privilegien einer Notenbank, dass sie nicht pleite gehen kann, auch wenn sie eine Aktiengesellschaft ist. So müssen die Kantone »nur« auf Dividendeneinkünfte in Höhe von etwa 650 Millionen Franken verzichten. Für den Verlust geradestehen muss niemand. Konsequenz: Trotz des massiven Fehlbetrags müssen die Kantone »nur« die ausgefallenen Dividendeneinnahmen kompensieren.
In der zweiten Handelswoche des neuen Jahres kletterten die Notierungen in Europa erneut stärker, als in den USA und Japan. Der Aktienmarkt wirkt allerdings mehr und mehr überkauft.
Ein Beispiel:
Unter großen Schwankungen konnte Renault die heftigen Kursverluste im Februar 2022 egalisieren. Der Unternehmenswert hat nun wieder das Niveau vor der Abspaltung des Russland-Geschäfts erreicht. Am Freitag sind die Aktienpreise bei diesem Wert gesunken. Es ist unwahrscheinlich, dass die Aktienpreise bis zur Hauptversammlung weiter steigen. Erst dann bekommen die Investoren Klarheit, ob die Preisentwicklung gerechtfertigt ist.
Im April hatte Renault seinen 68%-igen Anteil an Autovaz (Lada) für einen Rubel an die Stadt Moskau veräußert. Der Aktienpreis suggeriert, dass dieser Aderlass inzwischen vollständig von anderen Gesellschaften kompensiert werden konnte. Das ist wenig wahrscheinlich. Auffällig (und erklärungsbedürftig) ist zudem die relative Outperformance der Aktie gegenüber den deutschen Konkurrenten.
Auch die Charttechnik steht weiteren Preissteigerungen entgegen: Die Aktie ist aktuell an gleich zwei Begrenzungen herangelaufen. Zum einen ist das Gap nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine geschlossen, zum anderen ist die obere Trendbegrenzung bereits überschritten.
Analytisch ist der Wert hochinteressant. Hieronymus betrachtet die Aktie als Gradmesser für die Überkauftheit des gesamten europäischen Aktienmarkts.
Die Jahresausblicke der Vermögensverwaltungen und Investmentbanken waren bekanntlich in ihrer Mehrzahl sehr verhalten. Bereits in der Woche zwei des neuen Jahres müssen sich die Verfasser ihren Prognosen stellen.
Auf LinkedIn tat Matthias Geissbühler, medienaffines Aushängeschild der schweizer Raiffeisen Bank wie folgt:
Das Börsenjahr 2023 ist noch jung. Die Aktienmärkte sind fulminant ins neue Jahr gestartet. Einige Anleger werden sich fragen, ob sie den Postabgang bereits verpasst haben. Wahrscheinlicher ist, dass es sich um eine “Bullenfalle” handelt. Der Fokus richtet sich nun zunehmend auf die Gewinnsaison, die Jahresabschlüsse und die Prognosen der Unternehmen für 2023. Einen Vorgeschmack wie es diesbezüglich aussehen könnte, haben wir bereits erhalten. In der Schweiz haben Sika, U-Blox, Logitech und VAT bereits (vorläufige) Zahlen publiziert. Und das Bild sieht wenig erfreulich aus. In puncto Guidance haben alle vier Unternehmen ihre Prognosen gesenkt. Die konjunkturelle Abschwächung und der Margendruck machen sich zunehmend bemerkbar. Dies ist aus unserer Sicht in den Gewinnerwartungen für 2023 immer noch zu wenig berücksichtigt. Auf der Aktienseite liegen unsere Präferenzen weiterhin bei dividendenstarken Unternehmen aus defensiven Sektoren (Pharma, Nahrungsmittel, Consumer Staples, Telecom).
Mit diesen differenzierten, allgemein verständlichen »Analysen« punktet Geissbühler des Öfteren im schweizer Börsenfernsehen. Er legt den Finger in die Wunde. Aus ökonomischer Perspektive ist das Jahr 2022 deutlich besser verlaufen als von den Finanzmärkten angenommen. Es ist aber sehr fraglich, ob es den Unternehmen gelingt, diesen Trend fortzuschreiben. Bei der vermuteten »Bullenfalle« geht Hieronymus wegen der Trendbestätigung durch die gesunkene Volatilität (siehe vorangegangener Wochenbericht) nicht mit.
Die verspätete »Santa Claus Rallye« ist bereits sehr weit fortgeschritten. Es wäre gesund, wenn die Notierungen auf dem aktuellen Niveau konsolidierten. Zudem müssen die Unternehmen im Rahmen der Kommunikation der Jahresergebnisse zunächst einmal die inzwischen hochgesteckten Erwartungen erfüllen.
Dieser Wochenbericht ist etwas kürzer, weil der Testbetrieb der ersten Handelsstrategie im Rahmen der Marktplatzinitiative in der kommenden Woche aufgenommen werden soll. Die Strategie wird seit Längerem operativ gehandelt. Nun ermöglicht Hieronymus einen öffentlichen Handel. Im Dezember gab die Bafin ihre Zustimmung zu dem Vorhaben und nun steht das erste System in den Startlöchern.