Der offizielle Leitzins beträgt 18 Prozent. Über die tatsächliche Inflation gibt es unterschiedliche Angaben. Das türkische Statistikamt (TurkStat) ermittelte 19 Prozent, Lebensmittelpreise steigen offiziell um 29 Prozent. Eine unabhängige Ermittlung durch eine unabhängige Inflation Research Group (ENAG) kommt hingegen auf eine Geldentwertung von 40 Prozent im Jahr2. Es hat sich ein Schwarzmarkt gebildet, auf dem TRY gegen USD oder Euro gewechselt werden kann. Immerhin: Noch ist der Besitz ausländischer Devisen erlaubt.
Wer sein Geld ins Ausland transferieren möchte, muss dies illegal tun. Mehr als 10.000 US-Dollar dürfen nicht ausgeführt werden. Was also tun, um das Vermögen oder auch den monatlichen Arbeitslohn vor der Inflation und staatlicher Repression zu schützen?
Interessanterweise bieten alle modernen Cryptowährungen TRY-StableCoins an. Das sind Smart-Contracts, die dem Inhaber eine Auszahlung des numerischen Betrags in der FIAT-Währung garantieren, in diesem Fall also Türkische Lira. Praktisch erwirbt man über seine Hausbank einen StableCoin und swappt diesen dann in die entsprechende Kryptowährung.
Dann kann man wählen: Nutzt man die Kryptowährung selbst als Wertspeicher oder swappt in einen anderen StableCoin mit weniger Inflation, z.b. den USDT.
Fazit: In Staaten mit ausufernder Inflation bieten StableCoins allen Bewohnern die Chance, selbst Kleinbeträge kurz- und mittelfristig vor der Geldentwertung zu schützen. Es wird für diese Staaten immer schwerer, Kapitalverkehrsbeschränkungen durchzusetzen.
Seit Mai haben sich die Gaspreise in den USA und Europa verdoppelt. Die Preisentwicklung ist unerwartet. Offenbar haben sich industrielle Verbraucher nicht auf dieses Szenario vorbereitet. Fakt ist: Mit Yara und CF Industries haben zwei Großverbraucher aufgrund zu stark gestiegener Einkaufspreise ihren Betrieb eingestellt.
Betroffen hiervon sind Großabnehmer von Ammoniak und Kohlendioxid: Landwirtschaft, Getränkeindustrie, Betreiber von Atomkraftwerken. Die Landwirtschaft ist sogar doppelt von dem Preisanstieg beim Gas betroffen.
Pflanzenverfügbaren Stickstoff gewinnt man mit dem Haber-Bosch Verfahren. Im ersten Schritt erzeugt man aus Erdgas oder LNG »blauen Wasserstoff«. Hierbei wird pro Wasserstoffmolekül ein Molekül Kohlendioxid erzeugt. Der Wasserstoff reagiert mit Stickstoff zu Ammoniak, welcher Ausgangstoff für die Düngemittelindustrie ist. Das Kohlendioxid wird ebenfalls vermarktet: Die größten Abnehmer sind die Getränkeindustrie (Kohlensäure), Atomkraftwerke (als Trockeneis) und wiederum die Landwirtschaft (Vergasen von Schlachttieren).
Bei den derzeitigen Gaspreisen kostet die Produktion von Ammoniak 900 € pro Tonne. Der Weltmarktpreis ist mit 600 € ein Drittel niedriger. Die Düngemittelindustrie lehnt sich entspannt zurück. Solange die Produktion nicht kostendeckend möglich ist, bleiben die Anlagen abgeschaltet.
Die Strategie zeigt bereits nach wenigen Tagen Wirkung. Mit der mächtigen Lobby der Landwirte im Nacken beeilte sich die Politik, mit großzügigen Subventionen auszuhelfen. Zuerst auf im besonders betroffenen Großbritannien, absehbar nach der hiesigen Bundestagswahl auch im restlichen Europa.
Die Börsenkurse für Yara und Cf Industries stiegen zum Wochenschluß deutlich.
Werthaltige Unternehmen (Value) sind in der klassischen Assetallocation für verläßliche Basisrenditen zuständig. Wachstumswerte erlösen im Erfolgsfall spekulative Zusatzerträge.
Diese Faustformel gilt in der aktuellen Niedrigzinsphase nicht. Die Risk-Metrik im Negativzinsumfeld unterscheidet sich substanziell von der in »normalen« Marktphasen. Konsequenz: Börsengelistetete Value-Unternehmen underperformen seit 2008. Das wird von Rob Arnott (Research Affiliates LLC), in einer aktuellen Veröffentlichung Did I Miss The Value Turn? wie folgt auf den Punkt gebracht
Danach sind Value-Unternehmen nach 10 Jahren Underperformance »spott-billig«.
Kaum eine Größe gibt die Wirkung der expansiven Geldpolitik so gut wieder, wie die Steilheit der Zinsstrukturkurve. Die nächste Graphik zeigt eine fast vollkommene Entsprechung der Unterperformance der Substanzwerte (blaue Linie) zur Steilheit der Zinsstrukturkurve in den USA.
Die Graphik zeigt eine sich aktuell wieder ausbildende Divergenz beider Kurven. Der Analyst steht nun vor der Aufgabe zu entscheiden, ob die Divergenz eine Fortsetzung des übergeordneten Trends einleitet oder eine Opportunität für einen antizyklischen Positionsaufbau darstellt.
Steigende Marktzinsen begleiten Stagflations- und Erholungsphasen. In diesen Marktregimen sind Value-Unternehmen mindestens Martperformer. Das zeigt die abschließende Graphik.
Die Untersuchung von Rob Arnott zeigt, dass es derzeit sinnvoll ist, auf eine Marktperformance von Value-Unternehmen zu setzen. Es ist aktuell zielführender, in moderat bewertete, wenig zinssensitive Unternehmen zu investieren und diese als Wertspeicher zu nutzen, als auf eine Trendfortsetzung bei Wachstumswerten zu setzen. Hieronymus interpretiert dies als Argument zur Fortsetzung der Stillhalterstrategie mit diesen Werten.
Auf den umweltfreundlichen und sehr effizienten ditigalen AltCoins Avalance, Polkadot, Tron und Solana wurden reihenweise StableCoins aufgelegt, die preiswert gegeneinander geswappt werden können. Das ermöglicht einen effizienten grenzüberscheitenden Währungshandel ohne weitere Zwischenhändler. Staatliche Notenbanken können hier nicht einfach intervenieren, wie an den Forex-Märkten. ↩
Eine Gruppe von Wissenschaftlern verschiedener Fakultäten haben sich nach argentinischem Vorbild in der ENAG zusammengetan. Nach der Veröffentlichung der Methodik und des Ergebnisses durch ENAG leitete TurkStat umgehend eine Klage beim zuständigen Gericht ein. Auch dieses »Shoot the Messager«-Verhalten kennen wir aus Argentinien. ↩