nicht wieder gewählt werden kann. Endlich hat Bukele eine Langfristperspektive.
Die Einführung von BitCoin als offizielles Zahlungsmittel fügt sich ein in den Strauß unorthodoxer Maßnahmen als Instrumente der Machtausübung.
Nicht unerwartet nutzt die Mehrheit der Bürger des Landes die digitale Geldbörse, um sich das Startgeld in US-Dollar auszahlen zu lassen. Schließlich ändert sich nichts. Der US-Dollar ist weiterhin offizielles Zahlungsmittel. Nur wenige Geschäfte (z.B. Starbucks) akzeptieren bereits BitCoin.
Andererseits »besitzen« alle Einwohner des Landes binnen Kurzem mindestens eine digitale Geldbörse. Wer nämlich das Geld am Geldautomaten abheben will, muss die BitCoins in eine andere CryptoWallet transferieren, die diesen Service anbietet. So geht Digitalisierung mit der Brechstange.
Das »Swappen« (Kryptosprache für Geldwechseln) von BitCoin in US-Dollar (genauer: Stable-Coins) ist kostenfrei, verspricht die Regierung. Das Finanzministerium des Landes selbst tritt als Market-Maker auf. Für den reibungslosen Geldtransfer hat man einen Fonds mit 150 Mio. Dollar aufgelegt. Der soll Tagesschwankungen kompensieren.
Dieses Incentive ist sehr kritisch zu sehen. Schließlich verbraucht das Buchen von Zahlungen auf der BitCoin-BlockChain extrem viel Energie. Wenn El Salvador nun verspricht, Bit-Coins unbegrenzt kostenlos in US-Dollar zu swappen, ist dies eine massive Subvention. Irgend jemand muss den Strom schließlich bezahlen.
Zusätzlich hat das Finanzministerium 550 BitCoin erworben. Das ist die notwendige Liquidität für sämtliche Transaktionen des Staats mit 6,5 Millionen Einwohnern, behauptet das Finanzministerium. Im Erfolgsfall liefert El Salvador anderen Staaten eine Blaupause zum Kopieren der digitalen Transformation.
Da der US-Dollar offizielles Zahlungsmittel ist, sind viele US-Unternehmen vor Ort tätig. Alle Unternehmen müssen nun Zahlungen in BitCoin akzeptieren und ihre Produkte und Dienstleistungen in beiden Währungen bepreisen.
Das Krypto-Experiment in Mittelamerika hat das Potenzial zum Türöffner für die Akzeptanz digitaler Währungen im Tagesgeschäft zu werden. Was dort funktioniert, kann leicht global ausgerollt werden.
Die Herausforderung liegt im Management großer Bewertungsdivergenzen zwischen den einzelnen Währungen. Im Grunde bereiten sich die Unternehmen so auf den Usecase Hyperinflation vor. Schließlich gehört es in einer derartigen Umgebung zur Kernkompetenz, die Verkaufspreise möglichst zeitnah dem Währungstrend anzupassen.
Für Unternehmen aus der Krypto-Branche wird ein Traum wahr. In El Salvador können Bürger und Unternehmen ihre Steuern in US-Dollar oder BitCoin zahlen.
Für Unternehmen, die ihre Umsätze in Kryptowährungen erzielen, entfällt das lästige Wechseln in eine FIAT-Währung. Ertragsprognosen können ohne Annahmen über die zukünftige Wertentwicklung von BitCoin gegenüber einer FIAT-Währung formuliert werden.
Da der salvadorianische Staatspräsident die Digitalwirtschaft stärken will, wären weitere Incentives des Staat nur Konsequent. Logisch wäre es, Unternehmen eine BitCoin-Bilanzierung mittels Steuergeschenken schmackhaft zu machen. Dies torpediert natürlich den mühsam verhandelten Kompromiss zur globalen Besteuerung von Unternehmen.
Das Land versucht einen Kredit über 1 Mrd. $ vom Internationalen Währungsfonds zu bekommen. Offiziell liegt der Antrag wegen mangelhafter Geldwäschebekämpfung und eines ungewissen wirtschaftlichen Ausblicks auf Eis. Kaum ein Geldgeber des IMF hat ein Interesse, das BitCoin-Abenteuer El Salvadors aktiv zu fördern. Es wird spannend, ob die Crypto-Szene nun in die Staatsfinanzierung eintritt. El Salvador hat jedenfalls Strukturen geschaffen, seine realen Ausgaben mit digitalen Zahlungsströmen zu finanzieren und testet gerade, welchen Sonderweg die Staatengemeinschaft einem kleinen Staat in Mittelamerika zugesteht.
Am Donnerstag gab Mastercard bekannt, CiperTrace übernommen zu haben. Dessen Kernkompetenz: Krypto-Geldwäsche-Erkennungssysteme.
Das Kreditkartenunternehmen bietet seine Leistungen auch Krypto-Unternehmen an. Wer beispielsweise Kunde der Krypto-Börse Crypto.com ist, kann selbstverständlich mit seiner Visa- oder Mastercard-Debit-Karte seine Einkäufe zahlen. Der Betrag wird zuerst in einen Stable-Coin geswappt und dann zu den üblichen Konditionen in die erforderliche FIAT-Währung gewechselt. Dieser Service wird aktuell von den Regulierungsbehörden geduldet. Allen ist bewußt, dass dies ein weitoffenens Scheunentor für die Legalisierung von Schwarzgeld darstellt.
Mastercard verspricht, dies abzustellen. CiperTrace-Software stellt die Integrität der Zahlungsströme im digitalen Raum sicher. Das Ziel: Die Anonymität der Zahlungsströme wird sichergestellt, gleichzeitig schiebt man Geldwäsche einen Riegel vor.
Die kriminelle Energie der Schwarzgeldritter ist bekanntlich unendlich. Mastercard stärkt mit dem, Zukauf seine Position im technologischen Wettlauf zwischen reguliertem Zahlungsabwickler und kriminellen Elementen. Letztere versuchen mit allen Mitteln, ihre digitalen Spuren zu verwischen. CiperTrace setzt forensische Methoden ein, um die Informationsfäden auf den verschiedenen Blockchains zusammen zu ziehen. Im Erfolgsfall validiert die Software die Gesetzeskonfirmität des Zahlungsstroms. Mastercard verspricht, diese Validierung in Echtzeit durchzuführen.
Die Historie der Firma ist interessant. Die Seed-Finanzierung erfolgte 2015 durch die Homeland Security and Defense Agency, einer US-Behörde. Später beteiligten sich namhafte Investoren aus dem Silicon Valley. Zu den Kunden von CiperTrace gehört gemäß der FT das Who is Who der Finanzindustrie in den USA. Die Übernahme durch Mastercard wird entsprechend als »gelungenen Coup« gewertet.
Wohin die Reise gehen könnte, zeigt das Joint-Venture zwischen Mastercard und der Krypto-Börse Gemini. Bei Gemini kann man FIAT-Geld in Form von Stable-Coins deponieren. Wie bei einem klassischen Sparbuch bekommt man dafür Zinsen. Verfügen kann man über sein Vermögen – natürlich – über eine Mastercard. Der Service ist in Deutschland nicht zugelassen. Hier muss man für ähnliche Angebote weiterhin auf nicht regulierte Graumarktprodukte zurückgreifen.
Coinbase gehört zu den führenden Krypto-Börsen. Das US-Unternehmen ist börsennotiert und wird von der SEC reguliert. Wie Gemini will auch Coinbase regulierte Kontomodelle anbieten, mit denen die Kunden sparbuchähnliche Erträge auf ihre Krypto-Bestände erzielen.
In typischer Yankee-Manier erdachten findige Marketingspezialisten ein Produkt namens »Lend«. Kunden sollten ihr Geld auf das Lend-Konto einzahlen und sodann attraktive Zinsen einnehmen. Man reichte einen Antrag auf Zulassung ein (gut!) und richtete sodann eine Seite ein, auf der sich Interessenten auf einer Warteliste eintragen können (schlecht!).
Die Kreativen gingen davon aus, dass ihr Zinssparbuch wie andere Crypto-Produkte als Commodity durchgeht und nicht explizit genehmigt werden muss. Die SEC ist hier jedoch anderer Meinung. Weil man den Kunden Zinseinnahmen verspricht, muss es den üblichen Kriterien entsprechen.
Coinbase wirbt aber weiterhin für das Produkt.
Nun droht die SEC mit einem Zwangsgeld. Sollte Coinbase weiterhin die Illusion verbreiten, man könne auf einem genial designten Sparbuch hohe Zinszahlungen bekommen, wird die SEC die angekündigten Maßnahmen vollziehen.
Die SEC nutzt diesen Vorfall für eine Eingabe an den Kongress. Man verlangt nach mehr Befugnissen, bei Crypto-Brokern einschreiten zu können. Es scheint, als ob bei der Bankenaufsicht in den USA einige Warnlampen aufleuchten, so dass man jetzt im Wochenrythmus öffentlich auf die Mißstände aufmerksam macht.
Im Grunde torpediert die Finanzindustrie mit den neuen Krypto-Angeboten die Geldpolitik der FED. Wenn es der Finanzindustrie gelänge, ein Zinsprodukt mit einem deutlichen Aufschlag zum Leitzins der Notenbank zu platzieren, wäre dieser Makulatur.
Am vergangenen Donnerstag veröffentlichte die EZB einen aktualisierten Ausblick ihrer Geldpolitik. Trotz aktuell hoher Inlationsraten, die sogar bis zum Jahresende noch weiter steigen werden, bleibt die EZB entspannt. Sie hält an ihrer Nullzinspolitik fest und kann sich höchstens vorstellen, die monatlichen Anleihekäufe etwas zurück zu fahren. Für die Jahre 2022 und 2023 prognostiziert die Zentralbank sinkende Wachstumsraten gepaart mit sinkenden Inflationsraten.
Ganz anders stellt sich die Situation in Südamerika dar.
Aktuell erholen sich die Ökonomien von dem Einbruch in 2020. Analysten von JP-Morgan schätzen das Wirtschaftswachstum in der Region für 2021 auf 6,4%. Für 2022 gehen sie allerdings von einem Rückgang des Wachstums auf 2,4% aus. Bleiben die Inflationsraten konstant, erfüllt der Subkontinent die Kriterien für Stagflation. Um Investments macht man besser einen großen Bogen.
Ob dies auf dem Subkontinent beschränkt bleibt?
Auch die Notenbanken in Moskau und Istanbul haben die Leitzinsen bereits hektisch angehoben. Russland von 2,24 auf inzwischen 6,5% und die Türkei von neun auf spektakuläre 19 Prozent. Selbst die offizielle Inflationsrate beträgt aber 22 Prozent. Polen leistet sich bei einer Inflation von 5% den Luxus eines Null-Zinsregimes. Für Polen und die Türkei stellen einige Analysten ernsthaft die Frage nach der Stabilität des Geldsystems. Wie hoch der Preis ist, die Geldentwertung zu begrenzen, ist eine Frage. Ob die Länder über genügend Reserven für diese Operationen verfügen, eine weitere. Angesichts dieser Entwicklungen drängt sich der Eindruck einer »Ruhe vor dem Sturm« auf.
Zusätzlich kennt der Staat alle im Smartphone angelegten Kontakte und er kann auch auf das Mikrofon und die Kamera des Geräts zugreifen. ↩