Ein derartiger Ausverkauf wäre konsistent mit dem von Hieronymus bevorzugten Szenario einer Frühphase eines Kontradjew-Struktuzyklus (siehe Omicron und der Digitale Kondratjew). Eine hohe Inflation bremst die Entfaltung des Strukturzyklus in unregelmäßigen Abständen aus. Das verhindert eine Überhitzung der Ökonomie und garantiert eine effektive Allokierung der finanziellen Ressourcen.
Insbesondere um den Verfallstag für Optionen (dritter Freitag) markieren die Aktienmärkte häufig signifikante Jahrestiefstände. Statistisch ist die zweite Februar-Woche ebenfalls anfällig für deutliche Preisabschläge. Danach wirkt die Aussicht auf Ausschüttungen attraktiver Dividenden bis in den Mai hinein preisstützend.
Die statistischen Muster haben ihre Ursache in Gewinnwarnungen von Unternehmen. Sobald das Management von preisrelevanten Abweichungen der vorläufigen Bilanzen von den kommunizierten Unternehmenszielen Kenntnis hat, muss eine Ad-Hoc-Meldung veröffentlicht werden.
Das passiert vor der eigentlichen Berichtssaison.
Das Szenario für Preisrückgänge zeichnete JP Morgan Chase am Freitag.
- We are in for a couple of years of sub-target returns
- The bank would benefit from higher interest rates and greater loan demand but these would be offset by a decline in investment banking fees and more spending on new investments and pay.
Das entsprach nicht den Erwartungen der Analysten; Tagesergebnis: -6,15 %.
Die Notierung der Aktie fiel deutlich, obwohl das Unternehmen marktüblich bewertet und profitabel ist, sowie auf Jahressicht ein Profiteur von Zinserhöhungen.
Es gibt auch eine Reihe börsennotierter Unternehmen, die weder über belastbare Einkommensströme verfügen noch über Geschäftsmodelle, die von steigenden Marktzinsen profitieren. Als »Kompensation« wurden sie in den vergangenen beiden Jahren insbesondere von Börsenneulingen gehypt. Der aktuelle Ausverkauf geht aber darüber hinaus und ist wenig differenziert:
Aktie | TOP | Preis | 1. – 14.1 | KGV | KBV | Cash Flow |
---|---|---|---|---|---|---|
Sartorius | 7. Sept. | 834 € | 500 – 398 | 105 | 23,3 | 10,8 |
Delivery Hero | 19. Nov. | 130 € | 100 – 78,5 | -11,9 | 3,5 | - 7,5 |
Carl Zeiss | 20. Sept. | 200 € | 185 – 147 | 57 | 8,2 | 3 |
EQT | 11. Nov. | 557 SEK | 500 – 421 | 519 | 187 | 1,2 |
Bio N Tec | 20. Nov. | 340 € | 225 – 170 | 6.86 | 5,6 | 42,2 |
Zugegeben: Die Auswahl ist subjektiv. Trotzdem: Die Unternehmen sind in unterschiedlichen Branchen tätig, profitierten von verschiedenen Trends. Satorius stellt Corona-Tests her, Delivery Hero beutet Essenskuriere aus, EQT baut als PE-Investor ein Portfolio für die Zukunft Europas, Carl Zeiss Meditech ist Pionier für Microchirogie. Alle Aktien haben sich seit dem letzen Peak im September oder November zweistellig verbilligt. Die meisten sind seit den Jahreswechsel 20% und mehr im Minus. Die am Höchsten bewertete EQT (ein aktueller Hieronymus Depotwert) weist dabei noch die geringsten Abgaben auf.
Die Betrachtung bestätigt die Aussagen der Vorwochen: Kleine und mittlere Aktien sind besonders korrekturgefährdet. Der DAX zeigt derzeit noch keinerlei Anzeichen eines bevorstehenden Ausverkaufs. Hier wirken die zum Jahresbeginn üblichen Mittelzuflüsse Preisstabilisierend. Mangels Alternativen sind Blue-Chip-ETF’s weiterhin gefragt. Das Risiko dieser Vermögensanlagen steigt immer weiter (siehe Nebenwirkungen von ETF-Investments).
Fazit. Man muss gar nicht in die USA schauen. Auch und gerade heimische Profiteure der Pandemie und deren Folgen werden seit dem November abverkauft. Seit dem Jahreswechsel hat sich der Trend verstärkt.
Die Preisfrage ist nun: Bleiben die Blue-Chips weiterhin immun oder schwappt die Abgabewelle auf die großen Indizes über?
Die Standardantwort hierauf lautet: Schau auf die Volatilität. Wenn institutionelle Marktteilnehmer nervös werden, steigt die Nachfrage und damit der Preis von Optionen.
Sowohl der VIX (US-Blue-Chips) als auch der VStoxx (europäische Bluechips) sind mit 19 bzw. 20 Prozent unauffällig.
Wir werden trotzdem kleine Absicherungspositionen aufbauen. Mit dem Aufbau von Stillhalterpositionen warten wir bis zum Optionsverfall. Die Positionen werden zudem deutlich konservativer eröffnet, als im Vorjahr. Der Grund:
Kaum hat das Jahr begonnen, richten sich in den USA alle Augen auf die Midterms im November. Die Zustimmungswerte für die Biden-Administration sind im freien Fall. Die Coronapolitik der Regierung ist mindestens genauso chaotisch, wie die der Trump-Administration. Viele unterstellen der Regierung, die aktuelle Inflation von 7 Prozent durch ihre Ausgabenpolitik (Gehaltschecks für alle, Infrastrukturpakete) verursacht zu haben. Dabei hat auch die Biden-Administration hauptsächlich die Vermögenden im Land gestärkt, sagen die Kritiker. Wie auch hierzulande, leidet die Unterschicht unter den Preiserhöhungen. Diese Wähler könnten den Demokraten bei den Midterms ihre Unterstützung verweigern und den Republikanern eine Mehrheit in beiden Parlamentskammern bescheren. Dann wäre die Biden-Administration ab 2023 arbeitsunfähig.
Deshalb vermutet z.B. Jim Bianco (Bianco Research), dass die FED dem politischen Druck nachgibt und die Leitzinsen deutlicher anhebt, als derzeit antizipiert (Abb. 2). In diesem Fall ist die Gefahr groß, dass Maßnahmen die fragile konjunkturelle Entwicklung beenden. In den US-Medien melden sich die Corona-Gewinner und warnen offen vor einer überzogenen Zinspolitik der FED. Bloomberg gibt dem Milliardär Bill Ackman viel Raum, um seine Furcht vor einer Zinserhöhung um 50 Basispunkte im März, gefolgt von weiteren Zinsschritten bis zum Sommer, auszubreiten.
Das würde die Finanzmärkte überraschen:
Bislang ist ein Zinsschritt um 25 Basispunkte für die März-Sitzung der FED eingepreist, dafür aber mit stabil hoher Wahrscheinlichkeit weitere im Quartalsabstand.
Für eine »politische FED« würde es tatsächlich Sinn machen, die derzeitige Inflation mit einer einmaligen, drastischen Maßnahme einzuhegen. Dann hätte die US-Gesellschaft ein dreiviertel Jahr Zeit, die zukünftigen Machtverhältnisse jenseits des Inflationsthemas auszubalancieren. Für die Finanzmärkte wäre dies kurzfristig ein Alptraum, die Demokratie würde hingegen gestärkt. Weiterer Nebeneffekt: Nachdem die unerfahrenen Börsenneulinge ihre ersten Verluste realisiert haben, würde sich die Aktienquote wieder auf ein Normalmaß zurückbilden. Dann wäre ein belastbarer Preisboden gefunden.
Obwohl auch die Notierungen für Krypto-Assets 2021 stark gestiegen sind, hat sich hier offenbar keine Blase gebildet. Das geht aus einer Untersuchung aus den USA hervor.
Danach haben 2021 zwar viele US-Amerikaner erste Gehversuche im Krypto-Space unternommen. Die eingesetzten Beträge sind jedoch überschaubar. Die durchschnittliche Kontogröße der Kryptoneulinge beträgt 1.000 bis 10.000 $.
Die wesentlichen Mittelzuflüsse erfolgten im institutionellen Bereich.
Die Ausgangssituation der beiden Marktsegmente Aktien und Krypto könnte also unterschiedlicher nicht sein.
Andererseits hat die Korrelation zwischen den Marktsegementen deutlich zugenommen. Anders als noch 2018 bewegen sich Kryptonotierungen aktuell im Gleichklang mit (Nasdaq) Aktien. Hieronymus ist gespannt, ob sich die fundamental andere Investorenzusammensetzung beider Marktsegmente in unterschiedliche Preisverläufe umsetzt oder ob die Kryptomärkte zu Satelliten der Nasdaq werden.