Die Anleihe notiert unterhalb von 30 %, für eine Nominale von 1000 $ zahlt man also weniger als 300 $. Das Papier ist mit einem üppigen Kupon von 7,125 % ausgestattet. Damit erzielt ein Investment eine Rendite von 21,6 % p.a. Das Land muss die Anleihe nur fünfmal bedienen, um ein Engagement zu rechtfertigen. Aber wie wahrscheinlich ist das? Die letzte Zahlung war bereits ein Kraftakt. Die Überweisung von 60 Mio. $ an die Gläubiger erfolgte am 30. Dezember 2019. Darüber wurde sogar in den Tageszeitungen berichtet. Der IMF zog bereits im Februar eine ernüchternde Bilanz: “Argentina’s debt and debt service capacity have deteriorated decidedly. (…) IMF staff now assesses Argentina’s debt to be unsustainable. (…) A meaningful contribution from private creditors is required to help restore debt sustainability”
Seitdem ist die Rendite für den Century-Bond nochmals deutlich gestiegen, der Marktpreis ist von 50 auf unter 30 Prozent gesunken. In der vergangenen Woche ließ das Land den Zahlungstermin für die Bedienung einer USD-Anleihen verstreichen. Das entspricht einem technischen Default. Das der Marktpreis für den Century-Bond danach gestiegen ist, zeigt die Irrationalität der aktuellen Preisentwicklungen nur zu deutlich.
Die Niedrigzinspolitik des letzten Jahrzehnts zeigt bei den Schwellenländern ungewollte Nebeneffekte. Die ausgegebenen Staatsanleihen werden sukzessiv fällig. Sie müssen entweder getilgt oder refinanziert werden1. Ersteres ist angesichts der Aufgaben im Zuge der Pandemiebekämpfung sehr unwahrscheinlich. Bleibt nur die Hoffnung, neue Anleihen zu tragfähigen Konditionen emittieren zu können.
Dies ist aus heutiger Sicht eher unwahrscheinlich. In der vergangenen Woche haben deshalb 21 Entscheidungsträger aus diversen afrikanischen Staaten private Gläubiger von Staatsschulden aufgefordert, freiwillig die Bedienung und Tilgung von Anleihen im Wert von 115 Mrd. $ für zwei Jahre zu stunden. Diese Forderung wird auf der Frühjahrstagung von IMF und Weltbank diskutiert werden. Sollten sich IMF, Weltbank und China als größte Gläubiger hinter die Initiative stellen, müssten die übrigen Gläubiger wohl nachziehen.
Dann könnte der IMF den Ländern weiterhin eine Schuldentragfähigkeit attestieren, im Herbst sein Füllhorn öffnen und massiv Konjunkturprogramme in den Staaten finanzieren.
Fazit: Mit viel guten Willen und geeinten Kräften könnte es gelingen, die ökonomischen Konsequenzen der Pandemie in den Schwellenländern auf ein erträgliches Maß zu begrenzen. Hierfür ist erstens sehr viel Geld nötig, dass nur zu einem kleinen Teil wieder zurück gezahlt werden kann. Zweitens müssen alle Stakeholder Einbußen hinnehmen, auch die privaten Gläubiger.
Wie realistisch ist dieses Szenario? Nun – zu Ostern liegen schließlich auch an den unmöglichsten Orten bunte Eier.
Bank of England druckt Geld
Die britische Regierung muss keine Staatsanleihen auflegen, um Konjunkturpakte zu finanzieren oder Firmen zu verstaatlichen. Sie kann hierfür auf ein Kontokorrentkonto mit unbegrenzter Darlehenshöhe und Null Prozent zinsen zurückgreifen. Das Konto hat den bezeichnenden Titel: Ways and Means Facility und wurde von der britischen Notenbank eingerichtet.
Die Bank of England(BoE) hatte das Konto bereits 2008 für die akute Krisenfinanzierung geöffnet. Damals erreichte der Kontostand 20 Mrd. £. Noch vor einer Woche hatte Andrew Bailey, der neue BoE-Vorsitzende, es kategorisch abgelehnt, den Staatshaushalt direkt zu finanzieren. Zu groß sei die Gefahr einer unkontrollierten Kettenreaktion, schrieb er am 5. April in der FT. Damals äußerte er allerdings auch Bedenken, dass der Handel mit britischen Staatsanleihen (Gilt’s) noch ordnungsgemäß verläuft. Die direkte Finanzierung des Staatshaushalts umgeht den Rentenmarkt und senkt dort möglicherweise den Stresslevel.
Was bleibt, ist ein ungutes Gefühl. Eine weitere Bastion ist gefallen, die BoE überschreitet eine Grenze, die sehr leicht die Währung destabilisieren kann (siehe Deutschland 1923, Simbabwe und Venezuela).
Notenbanken von Schwellenländern kaufen Staatsanleihen.
Die Zentralbank von Kolumbien kauft Staatsanleihen und Verbindlichkeiten von Staatsunternehmen auf. Das brasilianische Parlament bereitet ein entsprechendes Ermächtigungsgesetz für die eigene Notenbank vor. Die Währungen der Länder haben in den letzten Wochen deutlich gegenüber US-Dollar, Yen und Euro abgewertet. Fremdwährungsverbindlichkeiten sind entsprechend teurer geworden. Dieser Prozess dürfte durch die QE-Maßnahmen verstärkt werden.
Andererseits: Gelingt es auch den Notenbanken von Schwellenländern mittels ultralockerer Geldpolitik die Marktzinsen dauerhaft zu senken (anstatt eine Inflation auszulösen), öffnet dies die Türen für ähnliche Maßnahmen in einer ganzen Reihe von Ländern.
Zum Jahreswechsel 2019/20 belief sich das Volumen ausgegebener Staatsanleihen in den Frontier-Staaten auf mehr als 200 Mrd. $. Durchschnittlich geben die Staaten 0,8 % ihres GDP für die Zinszahlungen aus. Der eigentliche Engpass sind die Währungsreserven der Staaten, schließlich erfolgt die Verschuldung in USD. Die Staaten mussten bereits 2019 durchschnittlich die Hälfte ihrer Währungsreserven für Zinsszahlungen an die Gläubiger aufwenden. Bereits vor der Corona-Pandemie waren die Fragezeichen groß, ob die Länder ihren Verpflichtungen nachkommen können. Hierfür braucht man nun ein Wunder. ↩