»Its Morning in America, and Donald Trump is still the president,« twitterte die Trump Kampagne kurz vor dem Wahltag. Damit machte man ungewollt auf die eigentliche Herausforderung bis zur offiziellen Amtsübergabe im Januar aufmerksam. Wenig überraschend steigen die COVID-Infektionen wegen der immer wieder abgehaltenen Großveranstaltungen ausgehend von einem bereits sehr hohem Niveau exponentiell weiter an. Das Weiße Haus ist Führungslos, dem zukünftigen Präsidenten sind in entscheidenden Punkten die Hände gebunden. Es ist die Stunde der Bundesstaaten. Wir erleben (hoffentlich) ein spannendes Experiment gelebter Demokratie, das die Bürger ins Zentrum stellt. Nach der Präsidentschaftswahl steht in den USA die Vorbereitung auf Thanksgiving an, gefolgt vom Back Friday, dem eigentlichen Höhepunkt im Kalender des Kapitalismus. Kaum vorstellbar, dass sich alles in den digitalen Raum verlagert. Aber was ist die Alternative?
Auch Italien beugt sich ein zweites Mal dem Corona-Virus. In vielen Teilen des Landes sind die drakonischen Maßnahmen aus dem Frühjahr wieder in Kraft gesetzt worden. Der erneute LockDown trifft auf eine bereits angezählte lokale Ökonomie.
Der Kapitalmarkt ist (noch) entspannt. Dies sei exemplarisch am Preisverlauf der Aktie der Mediobanca gezeigt, die auch als Goldman Sachs Südeuropas bezeichnet wird.
Der Marktpreis pendelt unspektakulär zwischen 6 und 7,5 Euro. Der Wert empfiehlt sich wegen seiner hohen impliziten Volatilität bei gleichzeitig stagnierenden Marktpreisen als Basiswert für Stillhaltergeschäfte.
Italienische Staatsanleihen sind gefragt, wie nie. Das legt zumindest ein Blick auf den Renditeverlauf nahe.
Die eigentliche Ursache des Preistrends ist natürlich die EZB. Nach der Intensivierung des Anleihenaufkaufprogramms kennt die Renditekurve nur ein Ziel: Null Prozent. Mitten in der größten Wirtschaftskrise der Nachkriegszeit konnte das italienische Finanzministerium in der vergangenen Woche Kurzläufer mit sechs Monaten Laufzeit mit einer negativen Rendite emittieren. Auch der italienische Staat wird von den Finanzmärkten belohnt, wenn er Schulden macht. Damit sind weitere coronabedingte Hilfszahlungen finanzierbar. Das schließt den Kreis: Aktienpreise sind unterstützt.
Um Mißverständnisse auszuräumen: Die staatlichen Maßnahmen ziehen in Kombination mit der Geldpolitik der EZB einen Bewertungsboden bei (gesunden) Unternehmen ein. Für steigende Marktpreise fehlt jede Basis.
Von negativen Anleiherenditen ist die Türkei Lichtjahre entfernt. Euro-Staatsanleihen mit einem Jahr Laufzeit handeln zu Renditen von ca. 5,7 Prozent pro Jahr. Der Renditeunterschied zum Nachbarn Griechenland zeigt das Dilemma. Dort zahlt man gerade 0,2 Prozent Zinsen für Anleihen mit zwei Jahren Laufzeit. Die Türkei kann sich effektiv nicht mehr im Ausland verschulden, muss aber jedes Jahr auslaufende Anleihen bedienen. Viele Unternehmen im Land stehen vor ähnlichen Problemen. Das Land steht unmittelbar vor einer Liquiditätskrise.
Die türkische Notenbank steht im Fadenkreuz der Machtelite. Erst von 16 Monaten wurde mit Murat Uysal, ehemaliger CEO der staatlichen Halkbank und getreuer Vasall Erdogans, ein linientreuer aber immerhin fachlich versierter Experte an die Spitze der Nobenbank gehievt. Die Finanzmärkte reagierten mit hoher Volatilität am Währungsmarkt.
Im weiteren Verlauf gelang es Uysal zumindest zeitweise, durch eine nachvollziehbare Geldpolitik das Vertrauen er Kapitalmärkte zu gewinnen. Aber auch hier legte die Pandemie die Schwächen des Systems schonungslos frei.
Seit Februar 2020 hat sich der Wertverfall der türkischen Lira beschleunigt. Uysal hatte zuletzt eingeräumt, dass auch wegen des ständig steigende Euro- und Dollarkurses der Preisauftrieb im Land inzwischen mindestens 12,3 % pro Jahr beträgt (gegenüber 9,1 % vor der Pandemie). Gleichzeitig schrumpft die Wirtschaftsleistung 2020 um mindestens 4,5 % gegenüber 2019. Das Land kämpft zudem gegen ein wachsendes Handelsbilanzdefizit.
Im Ergebnis fließt unaufhaltsam Kapital ab, je weiter die Lira abwertet, desto mehr. Die Notenbank hatte bis zum Sommer versucht, den Wertverfall der Landeswährung durch Interventionen am Währungsmarkt zu stoppen. Da die Währungsreserven quasi aufgebraucht sind, wurden bei türkischen Banken deponierte Fremdwährungsguthaben von Bürgern und Unternehmen beliehen. Der Staat hat sich bei seinen Bürgern in Fremdwährungen (USD und EUR) verschuldet, ohne diese zu fragen. Gemäß einer Schätzung von Goldman Sachs aus dem August 2020 wendete die Notenbank 56 Mrd. $ für Stützungskäufe auf. Der Schuldendienst des Staats »kostet« weitere 90 Mrd. $ im Jahr. Die Währungsbestände der Bürger und Unternehmen werden auf 230 Mrd. $ geschätzt. Es ist absehbar, wann dem Staat trotz dieser Notmaßnahmen die Optionen ausgehen.
So versteht man die verzweifelten Versuche, den Tourismus irgendwie aufrecht zu erhalten. Leider passiert das gerade auf Kosten der Urlauber. Das türkische Gesundheitsministerium veröffentlicht regelmäßig aktuelle Infektionszahlen für das Land. Offiziell beträgt die Zahl der Neuinfektionen pro Tag 19 pro 100.000.(6. Nov.) Das ist einsame Spitze.
Der Grund für die niedrigen Zahlen: Das Land erfasst nur Fälle mit sicht- und messbaren Symptomen. Wie hoch das tatsächliche Infektionsgeschehen ist, wird weder erfasst noch ausgewiesen. Diese unorthodoxe Maßnahme hat die Verhängung von Reisewarnungen immerhin temporär ausgesetzt. In wieweit das Vertrauen in offizielle Daten des Landes nachhaltig zerstört ist, wird sich zeigen.
An den Finanzmärkten ist das Vertrauen in eine nachvollziehbare Geldpolitik der Türkei bereits seit längerem gestört. Hier zeigt sich, welche volkswirtschaftliche Verluste eine Geldpolitik mit politischer Agenda nach sich zieht. Der Staatspräsident ist ein Anhänger niedriger Zinsen. Er ist der Überzeugung, dass man Inflation mit Zinssenkungen bekämpft. Murat Uysal versuchte trotzdem, eine fundierte Notenbankpolitik durchzusetzen. Nun wird er durch einen ehemaligen Finanzminister ersetzt. Das Zeichen: Geldpolitik ist Gegenstand der Politik (Basta!). Die Finanzmärkte reagieren hierauf regelmäßig allergisch. Eine weitere Zuspitzung ist absehbar.
Türkische Lebensmittel könnten also bald noch deutlich günstiger werden.
Im April ordnete der australische Ministerpräsident höchstpersönlich eine offizielle Untersuchung der Ursachen und Hintergründe des Pandemieausbruchs in Wuhan an. Canberra setzte um, was ein gewisser Donald Trump immer nur laut aussprach. China reagierte augenblicklich mit Protektionismus: Australischer Wein, Milchprodukte und Hummer wurden mit Strafsteuern belegt.
Auch Hieronymus legte dies als lokale Posse ab und verfolgte die Entwicklung nur halbherzig weiter. Um so größer war die Überraschung, als im Windschatten der US-Wahlberichterstattung eine offizielle Warnung der australischen Regierung an die heimische Exportindustrie bekannt wurde. Über die Sommermonate (Winter in Australien) haben sich die Beziehungen zwischen den beiden Ländern offensichtlich weiter abgekühlt. Kohle- und Kupferexportkontrakte werden nicht verlängert. Lebensmittel aus Australien werden mit fadenscheinigen Begründungen an Flughäfen in China festgehalten und verderben dort.
2019 betrug das bilaterale Handelsvolumen 242 Mrd. A$. China war mit Abstand der größte Handelspartner des Landes. Nun empfiehlt die australische Regierung den Exportunternehmen offiziell, neue Absatzmärkte zu erschließen. Die Gesprächskanäle zwischen den beiden Regierungen scheinen zerrissen zu sein. Simon Birmingham, der australische Handelsminister, bestätigte auf einer Pressekonferenz, dass Peking alle Versuche aus Canberra ignoriert, zu deeskalieren. Peking antworte nicht auf Telefonanfragen, teilte der Minister mit. Neue Entwicklungen entnimmt das Handelsministerium der chinesischen Presse.
Diese Entwicklung ist besonders bitter, da Australien die Pandemie bislang excellent gemeistert hat. Das Land ist dank strikter Quarantänemaßnahmen quasi Virenfrei, genauso wie China. Die Ausbildung einer Covid-freien Handelszone zwischen China, Australien, Neuseeland und Singapore böte sich an. Anstatt des Corona-Virus wütet in der australischen Regierung das Trump-GefolgschaftsVirus.
Ob sich dieser Konflikt mit der Neuausrichtung der US-Politik auch in Luft auflöst?