Tipping Point: Immobilien

Allgemeine Marktkorrekturen wurden in der Vergangenheit regelmäßig von Preisrückgängen bei Immobilien in den USA eingeleitet. Obwohl Immobilien nicht überbewertet sind, verdichten sich die Hinweise, dass sich der Trend hin zu niedrigeren Hauspreisen in den USA fortsetzt.

(Stuttgart, 9.10.) Wir erinnern uns: Der Ausgangspunkt der Finanzkrise des Jahres 2008 war das Eingeständnis einer kolossalen Überbewertung von Immobilien. In den USA, in Spanien, Italien und anderswo. Der Film The Big Short erzählt die Geschichte fesselnd nach.

Im Sommer 2019 kollabierten die Renditen für Staatsanleihen der Industrieländer. Mit der Ausnahme von Norwegen senkten alle Notenbanken der Industrieländer die Leitzinsen, die drei großen Notenbanken (FED, EZB, BoJ) kaufen inzwischen wieder aktiv Staatsanleihen auf. Gleichzeitig sinken in vielen Metropolen die Immobilienpreise. In der Eurozone ist der Preisanstieg trotz weiterhin sehr akkumulativer Geldpolitik zum Stillstand gekommen.1

USA

Anders als 2007 sind die Hauspreise in den USA gegenwärtig nicht spekulativ überteuert. Das zeigt der Verlauf des UBS Real Estate Bubble Index: Entwicklung der Immobilienpreise in den USA

Selbst in dieser sehr langfristigen Betrachtung ist überall eine TOP-Bildung erkennbar. Die Immobilienpreise gehen trotz weiter zurückgehender Arbeitslosigkeit, trotz eines attraktiven Zinsumfeldes und der Abwesenheit von Inflation überall zurück.

Immobilien- und Aktienpreise

Ein Blick auf den Verlauf des UBS Real Estate Bubble Index zeigt eine hohe Korrelation zwischen Index-Ständen und der Aktienpreisentwicklung. Die Korrektur im Jahr 1987 fällt zusammen mit Aktienmarkt-Turbulenzen nach dem Black Monday und der Eskalation der Savings & Loan Krise. 2007 ging der Preisverfall an den Aktienmärkten Hand in Hand mit dem Platzen der Subprime Immobilienblase. Hält die Korrelation, droht im Falle eines weiteren Preisrückgangs bei Immobilien ein massiver Vermögenswertverfall. Der Grund: Wegen des Nullzinsumfeldes ist die Aktienquote in der privaten Vermögensanlage aktuell deutlich höher, als 2007.

Baby Boomer gehen in Rente

In den USA ist der Kapitalmarkt zentrales Element zur Finanzierung des Alters. Wer systematisch Geld am Kapitalmarkt investiert, kann quasi steuerfrei Vermögen aufbauen(IRA-Account). 2018 waren 28.000 Milliarden US-Dollar in speziellen «Retirement Accounts« angelegt2. Im Sommer 2019 könnte angesichts von Allzeithöchstständen der Aktienindizes, den niedrigsten Renditen für Staatsanleihen überhaupt und gleichzeitig hohen Immobilienpreisen rückblickend ein Maximum des gefühlten Reichtums der Baby-Boomer erreicht worden sein.

Die von der UBS in ihrem Immobilienreport konstatierten Preisrückgänge in vielen amerikanischen Städten könnten eine Beschleunigung der Umwandlung in konsumfähige Assets auslösen. Der Wunsch der Baby-Boomer, illiquide Assets (Immobilien) abzustoßen um Kapital für den Lebensabend zu bekommen, kollidiert mit den schwindenden Fähigkeiten der Millenniums-Generation, signifikant Vermögen aufzubauen.

Millenniums in der Schuldenfalle

Eine kapitalbasierte Altersvorsorge fußt auf der Idee, dass die nachfolgende Generation den Rentnern ihre aufgebauten Assets zu einem auskömmlichen Preis abkauft und diese für ihre eigene Altersvorsorge verwendet. Hierfür bedarf es jedoch Kapital. Dieses ist bei den Millenniums schlichtweg nicht vorhanden. Entweder drücken hohe Studienkredite oder man ist wenig qualifiziert und entsprechend schlecht entlohnt. Gemäß ATTOM Data Solutions, einem Betreiber einer Immobiliendatenbank, sind Häuser in 371 der in der Datenbank abgebildeten 498 Bezirke der USA für Millenniums nicht bezahlbar3.

Ausländische Nachfrage fehlt

2019 sinken die Preise für Luxusimmobilien in New York um 8 Prozent. Rückgänge in dieser Größenordnung wurden aim dritten Quartal 2012 und im vierten Quartal 2016 registriert4. Im Jahr 2012 drohte ein Staatsbankrott in Griechenland und das Jahr 2016 war geprägt durch heftige Aktienmarkteruptionen in China. Rückblickend können diese Phasen zurückgehender Immobilienpreise mit dem Rückzug ausländischer Käufer erklärt werden.

Im Jahr 2019 greifen Maßnahmen der Stadtregierung, die Immobilienspekulation einzuschränken. Hinzu kommen die Auswirkungen der protektionistischen Politik. Auf den Immobilienmärkten lastet ein gefährlicher Mix aus Verkaufsbereitschaft (Baby-Boomer) und mangelnder Liquidität (ausländische Käufer und Millenniums).

  1. UBS Global Real Estate Real,Estate Bubble Index, Veröffentlichtung der UBS, September 2019 

  2. Sonderveröffentlichung der FT: 401 Retiremente Advisers, 27. September 2018 

  3. Median-Priced Homes Remain Unaffordable For Average Wage Earners In 74 Percent Of U.S. Housing Markets, Pressemitteilung 

  4. Manhattan Resale Home Prices Drop Most Since 2011, []Bloomberg 2.10.2019 ](https://www.bloomberg.com/news/articles/2019-10-02/manhattan-resale-home-prices-drop-most-since-11-as-sellers-cave)