Weihnachtsbericht 2022

Die Zinsen japanischer Staatsanleihen dürfen bis 0,5 Prozent steigen. Mit dieser Entscheidung setzte die japanische Notenbank das letzte Ausrufezeichen im Finanzjahr. Daraufhin steigen global die Renditen bei Anleihen und die Rezessionssorgen verblassen.

Stuttgart, 24. Dezember 2022.

Das Jahresende 2022 hat ungewöhnlich viele Handelstage. Die angelsächsischen Länder kennen keinen zweiten Weihnachtsfeiertag und so hat die letzte Woche des Jahres fünf Arbeitstage. Der Handel ist aber mangels neuer Nachrichten »fleischlos«. Handelscomputer tauschen Assets aus und erzeugen wenig nachhaltige Mini-Trends. Die vergangene Woche schließt das Finanzjahr.

Japan öffnet die Zinsschranke

Die japanische Notenbank(BoJ) weiß sich zu inserieren. Die wohl wichtigste geldpolitische Entscheidung traf sie ausgerechnet in der Woche vor Weihnachten. Die Volumina sind gering, institutionelle Marktteilnehmer sind entweder bereits in den Ferien, bei Kunden oder mit Jahresendarbeiten beschäftigt.

In ihrer letzten Sitzung dieses Jahres verdoppelte die BoJ die von ihr tolerierte Schwankungsbreite für japanische Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit auf plus/minus 0,5 %.

Als Begründung wurde der disfunktionale japanische Rentenmarkt angeführt. Am grundsätzlichen Versprechen, einen Zinssatz von 0 % für die Staatsanleihen zu garantieren, hielt die BoJ in Gestalt von Haruhiko Kuroda, dem Vorsitzenden, fest. Dessen Amtszeit endet 2023. In der Presse wird spekuliert, dass die jüngsten geldpolitischen Entscheidungen den Stabswechsel an der Spitze der BoJ vorbereiten und bereits die Handschrift des Nachfolgers tragen.

Wie dem auch sei: Der Yen wertete deutlich auf und die Rendite japanischer Staatsanleihen schoss bis an die neue Interventionsgrenze. Zum Wochenschluss ging deren Verzinsung aber wieder auf 0,38 % zurück.

Abbildung 1: Renditeverlauf japanischer Staatsanleihen seit dem 25. November 2022

Während die Auswirkungen auf die japanischen Märkte überschaubar waren, wurden internationale Anleihen auf breiter Front preiswerter. Hier wirkte der Zinsentscheid aus Japan. Noch zum Monatswechsel notierten deutsche Staatsanleihen unterhalb von 1,8 %. Im Verlauf des Dezember stieg die Verzinsung um 0,6 Prozent, absolut (oder 34 Prozent relativ).

Abbildung 2: Renditeverlauf deutscher Staatsanleihen seit dem 25. November 2022

Aktienpreise reagierten kaum auf die Signale aus Japan. Der Stoxx-600 (marktbreiter Index mit europäischen Unternehmen) korrigiert gerade die jüngste Rallye aus und ist nun im charttechnischen Niemandsland.

Abbildung 3: Jahreschart des Stoxx-600 Index

Kurioserweise ist der aktuelle Renditeanstieg bei Anleihen mittelfristig ein positives Signal für die Aktienmärkte. Die trotz steigender Inflationserwartungen bis Anfang Dezember sinkenden Renditen für Unternehmens- und Staatsanleihen waren klare Indikationen für eine bevorstehende Rezession. Dass die Marktzinsen nun den Zinsprojektionen der Notenbanken folgen, spricht zumindest gegen alle Katastrophenszenarien. Akienpreise werden nicht in den Himmel wachsen, das nicht. Aber der auch von Hieronymus erwartete starke Preisrutsch bis März kann wohl vertagt werden.

Albermale mit Potenzial

Der auf Lithium, Silizium und Katalysemtalle spezialisierte Chemiekonzern Albermale profitierte bis in den November von der Spekulation auf den Green Deal in den USA.

Abbildung 4: Preisverlauf der Albermale-Aktie

Der Aktienpreis ist seitdem um 100 $ gesunken und notiert nun auf dem Niveau des Frühjahrs 2022. Der Preisrutsch ist der Korrektur einer mit einem KGV von über 120 absurden Bewertung geschuldet. Die Spekulation auf deutliche Nachfrageeinbrüche bei den Hauptprodukten, insbesondere bei E-Mobilen, scheint ein ausreichender Anlass für die Preisbereinigung zu sein. Der Preisabschlag erscheint gerade vor dem Hintergrund des nun final verabschiedeten Investitionspakets für nachhaltige Projekte übertrieben. Auf dem aktuellen Preisniveau ist der Titel ein hervorragender Basiswert für eine Stillhalterposition. Die starken Preisfluktuationen setzen sich in hohen Optionsprämien um. Ein Put-Verkauf toleriert weitere Aktienpreissenkungen von 15 Prozent.

Tesla stark unter Druck

In der Vorweihnachtswoche sank der Preis für Tesla Aktien um 18 Prozent. Seit Jahresbeginn ist die Marktkapitalisierung von über einer Billion Dollar auf jetzt unter 400 Milliarden zurückgegangen. Es halten sich hartnäckig Gerüchte, wonach Elon Musk seine Geschäftsanteile für die Finanzierung von Übernahmen (Twitter) und Geldgräbern (SpaceX) verpfändet hat und bei weiter sinkenden Marktpreisen für Tesla mit einem Margin-Call rechnen muss. Dann würden die Gläubigerbanken die Sicherheiten liquidieren und dem Aktienpreis von Tesla den Rest geben.

Um den Preisverfall zu stoppen, gab Musk am Freitag via Twitter bekannt, in den nächsten zwei Jahren keine Tesla-Anteile mehr veräußern zu wollen. Er versteckte auch das Schlüsselwort »Aktienrückkäufe« in seinem Tweet. Ob dies fruchtet?

Abbildung 5: Preisverlauf der Tesla-Aktie

Tesla und Amazon sind Schwergewichte im S&P 500 und dort im Sektor Consumer Discretionary (langlebige Haushaltsgüter). Die starken Preiskorrekturen bei diesen Werten (-66 und -49 % YoY) lasten schwer auf dem Sektor und sind neben der Underperformance von Microsoft (-30 %), Facebook( -66% ) und Google(-40%) für die deutlichen Jahresverluste der Blue-Chip-Indizes in den USA verantwortlich.

Von den arg gebeutelten Technologieunternehmen ist ausgerechnet Facebook der wahrscheinlichste Turnaroundkandidat für 2023. Die Ratio dahinter wird Thema des kommenden Berichts zum Jahreswechsel.

Ressourcen

  • Tesla shares lose $85bn in market value over brutal week, FT 23.12.2022