Normalerweise gehen Preistrends an den Aktienmärkten von den USA aus. Dort könnte die FED bald gezwungen sein, die Leitzinsen wieder zu senken. Entsprechend pessimistisch ist die angelsächsisch dominierte Finanzberichterstattung. Die US-Aktienindizes treten seit einigen Wochen auf der Stelle. Das irritiert viele.
Als Antwort auf die Bankenkrise haben die japanische Notenbank und die FED nichts unversucht gelassen, die faulen Anleihebestände zu neutralisieren. Das Volumen der bereitgestellten Liquidität wird auf 1 Billion USD geschätzt.
Dieses frische Kapital »erklärt« einen Preisanstieg von 10 Prozent. Der S&P 500 steht tatsächlich auf dem Preisniveau im Februar, das sind etwa 10 % mehr als im Zenit der Bankenkrise in der zweiten Markthälfte. Der marktbreite Russell 2000 notiert allerdings immer noch in Schlagdistanz zu den Tiefständen im März. Eine detaillierte Betrachtung zeigt dann auch: Die Rallye in S&P 500 und Nasdaq ist eine Veranstaltung weniger, hochkapitalisierter Einzelwerte: Apple, Amazon, Google, Microsoft, Meta, Nvida, Johnon & Johnson, Procter & Gamble, Walmart. Dies ist ein klassisches Muster für sehr reife Markttrends. Messerscharf schließt ein Analyst der Citigroup daraus, dass der nächste Bewegungsimpuls die Indizes mindestens in eine Korrektur führen wird.
Als Aufhänger dieser (überfälligen) Marktkorrektur wird das Austrocknen der Liquiditfacilitäten der FED aufgeführt. Tatsächlich kann die FED nicht die Zinsen anheben und gleichzeitig die Banken mit Liquidität überfluten. Das ist allerdings gar nicht notwendig. Solange die Transmissionsmechanismen der Kapitalmärkte reibungslos funktionieren, können sich Banken und Großunternehmen günstig mit Yen finanzieren. Der neue Vorsitzende der Bank of Japan machte in seiner ersten Amtshandlung unmissverständlich klar, dass Japan an seiner Nullzinspolitik festhalten wird. Den Großunternehmen steht es frei, sich durch die Ausgabe von Yen-denominierten Anleihen zu finanzieren. Der Zinssatz ermäßigt sich um die Hälfte. Man muss halt das Währungsrisiko managen.
Waren Buffet macht es vor. Berkshire Hathaway verdient ausgezeichnet daran, sich günstig in Japan zu verschulden, mit den eingenommenen mitteln Investment in japanischen Value-Werten zu tätigen und seine Dollar-Cash-Reserven zu hohen US-Zinsen in Staatsanleihen zu parken. Somit ist die Liquidätsversorgung in den USA eigentlich kein Thema.
Störend in diesem Bild ist die Outperformance Europas. Der Euro wertet kontinuierlich auf, die Aktienpreise steigen – anders als in den USA – auf breiter Front. Markttechnisch ist die Rallye in Europa gesund.
Leider zeigt die Vergangenheit, dass Phasen einer Outperformance Europas stets kurz sind. Es würde nicht überraschen, wenn das gerade beschriebene Muster nach einem False Breakout bereits im Mai der Vergangenheit angehört. Die Arbeitshypothese Hieronymus ist, dass die europäischen Indizes bis zum Monatswechsel ihre Outperformance fortsetzen und damit ein langfristiges Investment-Kaufsignal generieren. Sollte sich danach ein Anlass finden, Bestände kurzfristig abzubauen (z.B. ein ungünstiger Verlauf der ukrainischen Frühjahrsoffensive), wäre der Weg frei für eine größere Sommer-Korrektur – diesseits und jenseits des Atlantik. Es schadet nicht, zum Monatswechsel April/Mai sinnvolle Hedges für Bestandpositionen aufgebaut zu haben!
Albermale und Sociedad Química y Minera de Chile (SQM) sind die beiden größten Produzenten von Lithiumcarbonat (für preiswerte Batterien) und Lithiumhydroxid (für reichweitenstarke Hochleistungsbatterien). Ihr Aktienpreis ist am Freitag um 9 bzw. 17 Prozent eingebrochen. Zuvor hat Gabriel Boric, der chilenische Präsident, öffentlichkeitswirksam per Ansprache im nationalen Fernsehen ein Gesetz auf den Weg gebracht, wonach die chilenischen Lithiumvorkommen verstaatlicht werden soll. Chile hat mit der staatlichen Kupfergesellschaft Coldeco sehr gute Erfahrungen gemacht. Mit dieser Maßnahme will Boric das Liquiditätsproblem der aktienmarktbasierten Rentenversicherung des Landes zumindest lindern.
Chile hat gegenwärtig einen Marktanteil von 30 Prozent am globalen Lithiummarkt. Anders als Kupfer ist Lithium kein knappes Gut. Man findet es quasi überall. Die Extraktion ist die zu lösende Aufgabe. Deshalb ist Lithium nicht vergleichbar mit seltenen Erden, Bunt- oder Edelmetallen und schon gar nicht mit fossilen Energieträgern. Als strategisch wichtiger Rohstoff stehen die Vorkommen in immer mehr Ländern unter Staatskontrolle: Mexiko hat seine Minen verstaatlicht, Simbabwe die Ausfuhr des nicht veredelten Rohstoffs ganz verboten. Von den Veränderungen in Chile ist SQM unmittelbar betroffen. Es war ursprünglich ein Staatsbetrieb und wurde im Zuge der neoliberalen Revolution unter Pinochet privatisiert. SQM könnte sogar in der zu gründenden nationalen Lithiumgesellschaft aufgehen.
Albermale ist auf der anderen Seite ein global diversifiziertes Unternehmen. Es bezieht den Rohstoff aus Kanada, Australien, Indonesien, Argentinien, Chile, usw. und Vorkommen in den Vereinigten Staaten. Die Firma stellt sich ähnlich auf, wie die eine global operierende Exxon.
Der Aktienpreis der Albermale hat sich seit November gegen den Markttrend fast halbiert (von 340 auf 175 $). Der Marktpreis für Lithium ist im gleichen Zeitraum von 600 auf 180 $ zurückgegangen. Da die Nachfrage gerade nach höherwertigem Lithiumhydoxid stark steigt, kann Albermale seine Stärken als erste Station in der Wertschöpfungskette ausspielen und die zurückgehenden Margen bei der Förderung des Rohmaterials durch höhere Erträge in der Weiterverarbeitung kompensieren.
Der aktuelle Preisrückgang ist eine Gelegenheit für einen Positionsaufbau. Der starke Preisrutsch führt direkt zu hohen Volaitilitätskennzahlen. Optionen sind aktuell teuer (Implizite Volatilität: 52%). Hierdurch können im Stillhalterhandel gute Renditen bei sehr konservativen Strikes erzielt werden.