Wochenbericht 47

Ein Quantensprung im Kryptospace

Sprunghafte, infinitesimal kleine und zu Beginn reversible Prozesse können die Welt nachhaltig verändern. Der Start des DeFi-Projekts Algomint gehört in diese Kategorie. Die Idee ist ganz einfach. Wertgegenstände werden für alle sichtbar in einem Tresor gelagert. Diese dienen als Sicherheit für Finanzdienstleistungen. Das ist eine brutale Rückbesinnung auf die Phase edelmetallgedeckter Währungen und bietet gleichzeitig eine Alternative zur scheinbar unumkehrbaren Nullzinspolitik der Notenbanken. Ist die Welt bereit für diesen Quantensprung?

Stuttgart, 27. November 2021.

Freitag war Black Friday. In den USA und Kanada einer der höchsten Feiertage. Konsum ist Trumpf. 2020 waren die Konsumenten gezwungen, virtuell einzukaufen. Dieses Jahr sollte alles wieder normal sein. Die FT berichtet, dass zwei von drei US-Konsumenten dieses Jahr wieder die Geschäfte stürmen wollten. Das Ergebnis: Umsatzsteigerungen um 43 Prozent.

Auch der Online-Handel feiert die Konsumlaune der US-Kunden. Befeuert durch die Angst, aufgrund von Lieferengpässen am Ende ohne Geschenke da zu stehen, begannen US-Bürger bereits im September mit Weihnachtseinkäufen. Paymentdienstleister und Kreditkartenunternehmen melden unisono Rekordumsätze.

Vielerorts ist das Erstaunen groß, dass die Läden trotz eklatanter Lieferengpässe voll sind mit Sonderangeboten. Die großen Ketten und auch die kleinen Ladenbesitzer haben vorgesorgt. Alles deutet auf eine normale bis gute Weihnachts-Shopping-Saison hin.

Das ist in Europa bekanntlich anders. Die Pandemie hat den Kontinent voll im Griff. Trotz hoher Impfquoten explodieren überall die Inzidenzen. Ein Land nach dem anderen geht erneut in einen Lockdown. Wie bereits 2020 versprechen die Regierungen, dass zu Weihnachten für vollständig Geimpfte alles wieder normal ist.

Möglicherweise macht die Omicron-Variante des Sars-Cov2-Virus allen einen Strich durch die Rechnung. Überall in Europa tauchen Infektionen mit dem neuen Virus-Typ auf. Es ist nicht klar, ob Südafrika die Quelle der Mutation ist oder nur der Ort der Entdeckung. Jetzt erkrankte Personen sind bereits vor einer Woche aus dem südlichen Afrika eingereist. Trotz doppeltem Impfschutz tragen sie eine hohe Virenlast. Das ist bekannt. Ob die Impfstoffe gegen das Omicron-Virus wirken, wie häufig schwere Verläufe sind usw. wird erst im Verlauf des Dezembers bekannt werden.

Die Reaktion der Finanzmärkte gleicht der im März 2020. Das ist auch der Tatsache geschuldet, dass am Freitag feiertagsbedingt geringe Handelsvolumina und gefühlt hohe Assetpreise auf einen Schwall unerwarteter Nachrichten trafen.

Das Bild ist der Samstagsausgabe der FT entnommen

Der Kursverfall fällt in eine traditionell von sinkenden Assetpreisen geprägte saisonale Phase. Institutionelle Marktteilnehmer haben ihre Bücher weitgehend geschlossen.
Bis zum Jahreswechsel gehört die Bühne Kleinanlegern und Spekulanten. Preisveränderung sind häufig kurzlebig. Ein Trendwechsel im letzten Monat des Jahres wäre sehr ungewöhnlich, kann aber aufgrund der aktuellen Nachrichtenlage nicht mehr ausgeschlossen werden.
Ein mögliches Szenario für einen solchen Verlauf wäre

  • Die Omicronvariante setzt die Wirksamkeit bisheriger Impfungen außer Kraft,
  • es breitet sich in China und Südostasien aus und
  • der Krankheitsverlauf ist signifikant schwerer.

Als Konsequenz würde die Welt erneut unvorbereitet in einen Lockdown gezwungen.

Da die Marktteilnehmer »gelernt« haben, dass fallende Marktpreise eine Einladung zum Positionsaufbau sind, erwartet Hieronymus bis zum Jahreswechsel schwankende aber per Saldo stagnierende Marktpreise.

Algomint geht Online

Eine Randnotiz elektrisiert Hieronymus . Auf der Algorand Blockchain ging das DeFi-Projekt Algomint in den Produktionsbetrieb. Das Projekt birgt ein beträchtliches Disruptionspotenzial.

Vordergründig eine weitere Bridge

Es gibt eine Vielzahl konkurrierender Blockchains. Jede hat ihr Leuchtturmprojekt. Wer im DeFi-Space unterwegs ist, muss ständig die Währung wechseln. Hierfür bieten sich Dienstleister an, die den Wechsel gegen Entgelt erledigen. Diese digitalen Helfer heißen Bridges.

Meist sind mehrere Transaktionen notwendig, um von einem Coin in den nächsten zu Wechseln. Das ist teuer und manchmal zeitaufwendig.

Auf der technischen Ebene wird der Coin zuerst verkauft. Der Wert wird auf einen Clone eines Coins übertragen, der auf der Zielblockchain definiert ist. Dieser Clone wird danach in die Zielwährung geswappt. Dieser Mechanismus ist fehleranfällig. Wer garantiert, dass der Werttransfer zum Clone erfolgreich ist? Wie kann sichergestellt werden, dass im Fehlerfall ein Verlust ausgeschlossen ist? Blockchaintransaktionen sind unumkehrbar, Nutzer der Bridge müssen sich auf die Fehlerfreiheit des Smart-Contracts für den Transfer verlassen.

Algomint geht einen anderen Weg. Die Original-Coins werden nicht veräußert. Statt dessen wandern sie in einen Tresor. Das ist eine sehr einfache Transaktion, die ein vernachlässigbares Fehlerpotenzial hat.
Dessen gesamter Inhalt ist Collateral für das Prägen (Minten) neuer Münzen auf der Algorand-Blockchain. Da die echten Münzen für jeden sichtbar im Tresor gelagert sind, können diese transparent beliehen werden. Jeder kann jederzeit nachprüfen, ob der Wert des Collaterals dem der ausgegebenen Münzen entspricht.

Die wichtigste Konsequenz: Das Prägen neuer Münzen wird vom Vorgang des eigentlichen Wechselgeschäfts entkoppelt. Man kann Münzen für eine Ausgabe an Kunden vorhalten. Mit entsprechender Software kann man den zukünftigen Bedarf vorhersagen und frühzeitig Liquidität für das eigentliche Wechselgeschäft bereitstellen. Für die Praxis verspricht Algomint deshalb sehr schnelle und kosteneffiziente Wechselvorgänge.

Das erhöht die Attraktivität der Algorand-Blockchain. Dieser Mechanismus kann auf beliebige Wechselgeschäfte ausgeweitet werden. Dies erhöht die Effizienz im DeFi-Universum insgesamt und bietet den Betreibern von Algomint beträchtliche Einkommenspotenziale.

Die Disruption hört hier aber nicht auf.

Asset Backed Securities

Bis 1971 waren US-Dollarnoten mit einem Versprechen der US-Notenbank versehen, den Nennbetrag auf Wunsch gegen Gold einzutauschen. Die Dollarnoten hatten einen Wert, weil irgendwo im Tresor von Fort Knox ein diesem Geldschein zugeordneter Goldbarren existierte. Die Währungen im Bretton-Wood-Verbund »erbten« die Goldbindung des US-Dollar und waren so ebenfalls Goldgedeckt.

Algomint arbeitet nach dem gleichen Prinzip.

Konsequenz: Wenn ein Stablecoin (Eine Kryptowährung, die eine FIAT-Währung 1:1 abbildet) in dem Tresor eingelagert wird und auf dieser Grundlage neue Münzen ausgegeben werden, erben diese den Wert der FIAT-Währung. Anders als die FIAT-Währung selbst, kann die neue Münze stets gegen ein für jedermann sichtbares Collateral eingetauscht werden. Diese Garantie macht die von Algomint bereitgestellten Münzen wertvoller, als die Originale.

Die von Algomint herausgegebenen Münzen sind per se wertvoller, als das eingelagerte Collateral.

Der Zusammensetzung des Collaterals sind keine Grenzen gesetzt. Dort kann natürlich auch Gold eingelagert werden. Dann könnte Algomint das goldgedeckte Nachkriegs-Weltwährungssystem wieder auferstehen lassen.

Das Konzept steht und fällt mit der Qualität des Tresors. Algomint hat sich mit Copper.cu zusammgengetan, die sich auf Hochsicherheitsdienstleistungen für Kryptowährungen spezialisiert haben.

Echte Alternative zu FIAT-Währungen

Im Sommer ging Hieronymus mit der Idee einer neuen Assetklasse schwanger. Digitale Token könnten die Rolle derzeitiger Geldscheine übernehmen, so die Mutmaßung. Wenig später konstatierten wir ein wachsendes institutionelles Mißtrauen gegenüber den großen FIAT-Währungen und schlugen Ethererum als Basis für digitales Gold vor. Dessen Wert ist an den volkswirtschaftlichen Nutzen auf der Blockchain realisierter digitaler Dienstleistungen geknüpft und aufgrund seiner Programmierung wirksam gegen Inflation geschützt.

Ethereum ist die zweitgrößte Kryptowährung und ein gutes Collateral für ein inflationsgeschütztes Asset.

Mit der Abstraktion von Algomint trennt die Algorand Blockchain die Nutzenfunktion von der Werterhaltungsfunktion. Erstmals erwächst aus dem Kryptosegment ein vollwertiges Substitut einer FIAT-Währung.

Paymentfunktionen sind bereits implementiert

Algomint geht für ein Krypto-Projekt den ungewöhnlichen Weg, von jedem Nutzer einen Identitätsnachweis zu fordern. So umgarnen die Entrepreneure die US-Finanzaufsicht. Ihnen ist sehr wohl bewußt, dass sie gerade »Privates Geld« schaffen und in Umlauf bringen. Das kann eine souveräne Notenbank eigentlich nicht zulassen. Mindestens muss das Projekt eine Vollbanklizenz vorweisen.

Daran denkt man jedoch nicht im Traum. Statt dessen kooperiert man mit Paymentdienstleistern, die für jeden Kunden eine Wallet anlegen und die Transaktionen verbuchen (siehe auch den Wochenbericht Das Ende von Visa & Co). In der Praxis ändert sich für Landenbesitzer und Kunden nichts. Im Laden steht ein Verbuchungsterminal, der Kunde hat weiterhin eine Debit-Card. Der Unterschied: Die Waren können in einer beliebigen Währung ausgezeichnet sein. Wenn die Geldpolitik der heimischen Notenbank unverantwortlich ist (wie derzeit in der Türkei), zeichnen die Geschäftsleute ihre Waren mit einer inflationsgesicherten Währung aus. Sollte ein Staat die Auszeichnung mit der lokalen Währung einfordern, wechselt Algomint die Beträge in Echtzeit in die lokale Währung um und ermöglicht dem Paymentdienstleister eine gesetzeskonforme Buchung. Der Kaufprozess wird trotzdem in der wertstabilen Kryptowährung durchgeführt.

Wächterfunktion

In den vergangenen Wochenberichten beleuchtete Hieronymus die Rahmenumstände des aktuellen Inflationsregimes, dass eigentlich ein Repressionsregime ist. Notenbanken können nur deshalb trotz hoher Inflationsraten ihre expansive Geldpolitik fortsetzen, weil die Anleihemärkte ihrer regulatorischen Funktion nicht mehr nachkommen.

Gelänge es Algomint die durch das von jedermann einsehbare Collateral gedeckten Münzen als Zahlungsmittel zu etablieren, könnten die Verbraucher wählen, ob sie weiterhin die inflationäre FIAT-Währung benutzen oder eine stabile Alternative. Die Freiheit der Geldpolitik der Notenbanken wäre stark eingeschränkt.

Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Notenbanken dann zu einer Geldpolitik mit moderat positiven Zinsen zurückkehren. Es ist aber ausgesprochen unwahrscheinlich, dass die Staaten dies unkommentiert zulassen. Der Weg in die hier skizzierte Zukunft der Geldpolitik ist steinig und gespickt mit Tretminen. Dennoch: Algomint zeigt einen Weg aus den inzwischen zwanghaften Gelddruckaktivitäten der Notenbanken. Ob und wie rasch dieser begangen wird, ist keine technische Frage, sondern eine politische.

Fazit

Diese Einführung in das Potenzial von Algomint zeigt, mit welchen Kalibern die DeFi-Welt inzwischen auffährt und beginnt, die Notenbanken vor sich her zu treiben. Das Projekt ist in einen sehr frühen Stadium. Die Auseinandersetzung mit der Finanzmarktaufsicht hat noch nicht einmal begonnen. Hieronymus ist sich sicher, dass die Notenbanken die Entwicklungen sehr sorgfältig beobachten. Algomint entwickelt in der Zwischenzeit unverfängliche Dienstleistungen, wie umweltfreundliche Bitcoins, Ethereum und digitales Gold für die digitale Vermögensanlage. Man schmiedet mit anderen DeFi-Dienstleistern Allianzen und erschließt Effizienzpotenziale im Kryptospace. Hieronymus eruiert als Jahresendprojekt, wie man diesen Prozess profitabel begleiten kann.

Ressourcen

  • Shoppers spend heavily on Black Friday despite early-purchase trend, FT 27.11.2021
  • https://algomint-1.gitbook.io/algomint/