In dem Chart sieht man am aktuellen Rand den Preisrückgang zu Beginn des Krieges in der Ukraine, gefolgt von einer trendbestätigendenden Korrektur und in den letzten beiden Wochen einen erneuten Abverkauf. Die Amplitude der Preisveränderungen ist größer als in Seitwärtsmarkt 2017/18. Sollten die Notierungen in den nächsten Tagen unter das Markttief aus dem Februar sinken, ist der Trendbruch vollendet.
Über die Sommermonate müssten dann allein aufgrund der saisonalen Markttechnik weitere Preisabschläge antizipiert werden.
In den USA schaut man derweil auf den S&P 500, der zum kleinen Verfall von Termingeschäften (darunter auch Indexoptionen) seit dem letzten Top exakt 20 Prozent korrigiert hat. Damit notiert der Index auch offiziell in einem Bearmarket.
Welcher Fondsmanager traut sich in diesem Umfeld vor der Sommerpause offensive Positionen einzugehen?
Vor zwei Wochen erwähnte Hieronymus das derzeit sehr beliebte Kaufsignal des »Markets in Turmoil«-Indikators des US-Fernsehsenders CNBC. Der Indikator ist das öffentliche Aushängeschild der »Buy the Dip«-Mentalität unter US-Privatanlegern.
Aktien sind billig, wie lange nicht, sagen vielfach zitierte Aktienstrategen. Als Beleg wird die Preisentwicklung von »langweiligen« Aktien, wie der Nestle gezeigt:
Tatsächlich gelingt es dem global tätigen schweizer Lebensmitelkonzern nicht, die gestiegenen Einkaufspreise adäquat auf die Endprodukte aufzuschlagen. Markenhersteller sind werden aktuell auf ihre tatsächliche Preismacht hin abgeklopft. Die Kunden greifen zu preiswerten No-Name-Produkten, in Europa und zusehens auch in den USA.
Das nagt nicht nur an den Umsätzen der Markenhersteller. Auch deren Distributionskanal über hochpreisige Einzelhändler ( Real, Carrefour, Walmart ) ist betroffen. Kunden wechseln zu preiswerten Discountern. Der Aktienpreis von Walmart ist genau aus diesem Grund stark unter Druck. Aldi und Schwarz(Lidl) profitieren, sind aber nicht Börsennotiert.
Ist jetzt ein guter Zeitpunkt, Buy- and Hold-Positionen aufzubauen?
, schließlich sind die Marktpreise bereits deutlich zurückgekommen. Vielfach wird auf den März 2020, den Dezember 2018 oder das Frühjahr 2003 hingewiesen. Auch damals war die Stimmung an den Aktienmärkten schlecht, die Aussichten waren düster und niemand traute sich, ins fallende Messer zu greifen. Der Hieronymus Wochenbericht 18/22 enthält bereits die Schlüsselgraphiki (Abb. 4): Bearmarkets zeichnen sich durch einen schnellen Wechsel von starken Preisabschlägen und nicht weniger dynamischen Bearmarketrallyes aus.
Sie enden in der Kapitulation der Optimisten.
Ketzerisch ausgedrückt: Solange die Mainstreet einer »Buy the Dip« Mentalität nachhängt, ist es definitiv zu früh, Risikopositionen aufzubauen.
Nach dem Platzen der Marktblase 1929 dauerte es drei Jahre, bis ein Boden ausgebildet wurde. Die Entspannung der Dot-Com-Blase dauerte ebenfalls drei Jahre. Der Marktcrash 2007 vollzog sich über zwei Jahre. Die Kapitulation der Optimisten wird oft durch einen finalen schmwerzhafen Abverkauf eingeleitet.
Aktuell
Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass sich die schnellen Markterholungen der Jahre 2020, 2018 und 2008 nicht wiederholen. Wahrscheinlich sind die Baermarkets 1929 und 2000 bessere Blaupausen für den Zukunftspfad.
Der Bloomberg-Analyst John Authers hat die obige Graphik bereitgestellt. Wenn die Unsicherheit über den Preisverlauf von risikobehaften Assets (z.B. Aktien) groß ist, wie haben sich rückblickend Alternativinvestments in Anleihen oder Gold verhalten? Dazu wurde die Aktienpreise relativ zur Preisentwicklung anderer Assetklassen geplottet.
Bei Gold konnte man überhaupt nichts falsch machen.
Das Edelmetall hat den S&P 500 seit 2000 sogar unter Berücksichtigung von Dividendenzahlungen kontinuierlich outperformt. Hieronymus Quintessenz:: Langfristige Anleihepositionen sind gerade attraktiv!
Das Risiko hier: Der aktuelle Inflationsimpuls ist nicht temporär und die Notenbanken müssen die Leitzinsen sehr stark anheben. Das ist allerdings wenig wahrscheinlich. Edelmetall-Engagements scheiden bei der nachhaltigen Geldanlage aus offensichtlichen Gründen aus.
Auch auf dem Hieronymus -Desktop liegt leider keine funktionierende Glaskugel. Trotzdem gelingt es durch intensives Geradeausdenken, offensichtlich unterbewertete Werte zu extrahieren. Diese finden sich abseits ausgetretener Pfade, in Marktsegmenten, die Hedgefonds und Großinvestoren verschlossen sind.
Es macht keinen Sinn, sich gegen den Trend zu stellen. Wenn man aktuell Positionen aufbaut, dann bei konservativen Value-Unternehmen. Der Versicherungsbereich bietet sich an. Die Peer-Group in Europa: AXA und Allianz, aber auch die Aflac aus den Vereinigten Staaten, werden aktuell mit KGV’s von 9-11 gehandelt. Die australische QBE wird mit einem KGV von 19 bewertet (und notiert auf einem AllTimeHigh). Letztere ist in der aktuellen Marktphase ein akuter Kandidat für eine Preiskorrektur.
Schaut man in die zweite Reihe, fällt die österreichische Uniqa mit einem Kursabschlag von 50% zur Peer-Group (KGV: 5) auf. Woraus speist sich dieser Bewertungsabschlag?
Nun – das ist einfach: Unternehmensschwerpunkt ist das Osteuropageschäft incl. der Ukraine und Russland. Der Kriegsausbruch in der Ukraine ließ die Notierungen purzeln, von 8,5 auf aktuell 7,2 €.
Das Ukraine/Russland-Geschäft trug zuletzt zwei Prozent zu den Gesamtprämieneinnahmen bei. Zusätzlich weist die Bilanz aktuell ein Anleihenexposure von 200 Mio. € in diesen Ländern aus. Der kriegsbedingte Abschlag der Marktkapitalisierung beträgt aber 2 Mrd. €.
In der vergangenen Woche veröffentlichte Uniqa Q1-Quartalszahlen. Diese hat Hieronymus auf eine Rechtfertigung des enormen Bewertunsabschlags hin abgeklopft. Im Ergebnis bestätigte sich die Hypothese, dass dieser Wert mangels Liquidität stark eingebrochen ist. Das geringe Handelsvolumen macht den Wert für institutionelle Anleger uninteressant. Preisanomalien halten sich deshalb länger. Ob und wann sich der Bewertungsabschlag auflöst, weiss nur die Glaskugel. Die Gefahr weiterer Preisabschläge ist aber aus aktueller Sicht gering und eher von der Häufigkeit von Wetterkapriolen abhängig, als von geopolitischen oder konjunkturellen Faktoren.