Absolute Research hat die obige Darstellung veröffentlicht. Darin sind die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs auf Angebot und Nachfrage in den wichtigsten Industriestaaten abgebildet. Die Abzisse zeigt die Empfindlichkeit der Nachfrageseite auf den Krieg, die Ordinate stellt die Abhängigkeit der Angebotsseite dar.
Polen ist das Land mit den größten negativen Auswirkungen. Die Niederlande, Italien, Frankreich, (Österreich) und Deutschland folgen. Diesen Ländern fehlen Russland und Ukraine als Handelspartner..
Auf der gegenüberliegenden Seite des Graphen stechen Kanada und Australien heraus. Beide Länder profitieren von hohen Rohstoffpreisen und der Nichtexistenz signifikanter Handelsbeziehungen zu den Kriegsparteien.
Ländern im zweiten Quadranten des Charts droht eine Rezession, Länder im vierten Quadranten leiden höchstens unter gestiegenen Preisen.
Die Ausgangslage unterscheidet sich also fundamental von der im Jahr 2020. Damals waren alle Industrieländer gleich betroffen.
Sind Investments in Kanada und Australien jetzt »NoBrainer« oder ist es zielführender, den aktuellen IFO-Bericht als Übertreibung zu interpretieren und auf eine rasche Erholung in Europa zu setzen?
Für ersteres spricht der Trend. Insbesondere der kanadische Aktienmarkt zeigt sich von den geopolitischen Verwerfungen unbeeindruckt. Charttechnisch interessant sind aber auch südamerikanische Länderindizes, hier gefallen insbesondere Chile und Argentinien.
Der Grund: Die Länderindizes profitieren von gestiegenen und der Aussicht auf weiter steigende Rohstoffpreisen. Südamerika ist reich an Erzen, Mineralen und ist derzeit als Getreideexporteur weltweit gefragt.
Hieronymus sieht Minenwerte grundsätzlich kritisch. Die Zyklik ist extrem, weshalb trendfolgende Engagements problematisch sind. Sobald sich eine Entspannung der Handelsbeziehungen zu Russland abzeichnet, korrigieren diese Titel.
Der Getreidemarkt ist anders zu bewerten. Es käme einem Wunder gleich, wenn 2022 und 2023 genügend Getreide zur Verfügung stehen würde. Dafür sind die Zerstörungen in der Ukraine zu umfassend. Es ist sogar möglich, dass eine globale Bewirtschaftung eingeführt wird. Ein strategischer Positionsaufbau in einem Getreidehändler erscheint zielführend.
Der bekannteste börsennotierte Getreidehändler ist Archer-Daniels Midland. Der Titel hat einen dynamischen Trend ausgebildet, vermutlich nicht grundlos. Er ergänzt ein marktbreites Investment in Kanada, Argentinien und/oder Chile.
In Europa gehen die Uhren anders. Das in der Vorwoche vorgestellte Stagflationszenario dürfte die nähere Zukunft dominieren. Trends gibt es natürlich auch in diesem Umfeld. Nach den Erfahrungen mit fragilen Lieferketten stehen die Zeichen auf Deglobalisierung. Um weiterhin wettbewerbsfähig zu sein, bieten sich neben innereuropäischen Lieferketten Fertigungen in den Magrebstaaten und der Türkei an.
Als konservatives, strategisches Investment für diesen Trend bietet sich der Hafenbetreiber Eurokai an. Die Gesellschaft ist an neun Standorten in Europa tätig und profitiert wegen des Schwerpunkts Italien unmittelbar vom Regional-Sourcing als Weiterentwicklung des fragilen Global-Sourcings.
Eurokai glänzt mit soliden Fundamentaldaten. Ende April ist die Jahreshauptversammlung. Es wird ein positives Ergebnis nach Steuern von bis zu 60 Mio. EUR erwartet. Dies entspricht einem Gewinn 4,3 EUR pro Aktie (KGV: 7,3) Die Bilanz ist sehr solide mit einer Cash-Position von 160 Mio. EUR ausgestattet ( ca. 20% Anteil an der Gesamtbilanz ). Der Cashflow aus betrieblicher Tätigkeit sollte mit +70 Mio. EUR ebenfalls die Nachhaltigkeit der Unternehmensrendite unterstreichen.
Dieser Wert vereint die Qualitäten eines Bilderbuch-Value-Werts mit den Perspektiven eines lupenreinen Wachstumswerts. Kriegsbedingt ist Eurokai um fast 20 Prozent auf 32 € zurückgekommen.
Auch wenn der Fokus der Welt in den letzen Wochen auf Russland und die Ukraine ruhte, sind die Probleme des chinesischen Immobilienmarkts nicht verschwunden. Im Gegenteil. Nachdem sich Oaktree einige Filetstücke aus dem Fundus der insolventen Evergrande gesichert hatte (Wochenbericht 4/22), beanspruchten weitere ausländische Großinvestoren das ihnen zugesagte Collateral. Es gelang, zwei Milliarden Dollar in Cash aus einer Tochtergesellschaft abzuziehen und die Sicherheiten von Evergrande nochmals zu schwächen. Die Preise der Anleihen gaben nach Bekanntwerden des Deals nochmals nach. Eine im Jahr 2025 fällige (USD-) Anleihe notiert nun beispielsweise unterhalb 15 % der Nominale.
Der Vertrauensverlust in den chinesischen Immobiliensektor ist offenbar total: Neue Projektentwicklungen finden keine internationalen Gläubiger. Im Q1 2021 erwarben ausländische Gläubiger Immobilienkredite über 8.7 Mrd. $. Seit Jahresbeginn wurden jetzt weniger als 300 Mio $ übernommen. Die Rendite bereits emittierter Anleihen ist auf durchschnittlich 33 Prozent gestiegen. Damit ist die Rendite für (USD-) Anleihen aus China nun höher, als im Zenit der Lehman-Krise 2008.
Die FT fragt ernsthaft, ob China gerade seinen Lehman-Moment erlebt. In diesem Falle hätten die Aktienpreise noch viel Luft »nach unten«.
Je länger die Okkupation der Ukraine durch Russland dauert, desto klarer wird das Ausmaß der geopolitischen Zäsur. Die Lagerbildung schreitet munter voran. Joe Biden erklärt in Polen die Absetzung von Putin als Voraussetzung einer Normalisierung der Handelsbeziehungen zu Russland. Quasi als Replik spricht das Politbüro in Peking von einer »Indo-Pazifischen Nato« als notwendiges Gegengewicht zum aggressiven westlichen Militärbündnis.
Der Rückzug ausländischer Investoren vom chinesischen Immobilienmarkt erscheint in diesem Zusammenhang als logische Reaktion des Kapitalmarkts. Die heftigen Preiskapriolen von chinesischen Aktien fügen sich in dieses Bild. Immer öfter bezeichnen Analysten China als Ganzes als »Nicht Investierbar«.
Vor diesem Hintergrund hat Hieronymus erhebliche Zweifel an der Nachhaltigkeit der aktuellen Bewertungen heimischer Exportunternehmen. Zweite Konsequenz: Investments in Asien sind risikobehaftet.