In den Industrieländern finanzieren die Notenbanken die explodierenden Staatsausgaben. Die Verschuldung steigt zwar auf ein astronomisches Niveau. Solange die Zinsen niedrig sind ist das aber tolerierbar. Ganz anders in Indien. Dort stemmt die Regierung das größte Impfprogramm überhaupt. Gleichzeitig breitet sich eine neue Variante der Vogelgrippe im Land aus und der Bankensektor sendet Warnsignale. Die Banken ächzen nach dem landesweiten LockDown unter einer Flut notleidender Kredite. Bis zu 15 Prozent der ausstehenden Kredite wird derzeit nicht bedient. Konsequenz: Die Kreditvergabe ist landesweit rückgängig. Die Banken haben nicht einmal genügend Mittel, die Fassaden ihrer Filialen instandzuhalten (siehe Titelbild). Ist das der Augenblick, massiv in die ausgelaugten indischen Banken zu investieren oder wartet man besser auf ein Blutbad und fegt dann die Scherben zusammen?
Die Biden-Administration nimmt in der kommenden Woche offiziell ihre Arbeit auf. Die Biden-Präsidentschaft beginnt ähnlich, wie die von Obama. Man findet eine zu tiefst verunsicherte Gesellschaft vor und schüttet die Gräben mit viel Geld und Aktivismus zu.
Auch im Januar 2009 waren alle froh, das Kapitel der zurückliegenden Bush-Präsidentschaft zu schließen. Die Finanzmarktkommentatoren arbeiteten sich an den geldpolitischen Verheißungen eines gewissen Ben Bernanke ab. Er führte gegen alle Widerstände eine für damalige Verhältnisse sehr expansive Geldpolitik ein. Die Inflationserwartungen schossen ob der angekündigten Gelddruckaktivitäten der US-Notenbank durch die Decke.
Rückblickend war die Notenbankpolitik unter Bernanke ein wesentlicher Baustein für die danach einsetzende wirtschaftliche Erholung; Inflation war und ist ein Fremdwort.
Die Trump-Administration setzte auf eine Kombination aus expansiver Geldpolitik, massiven Steuersenkungen und einer, im seltenen Konsens eingeführten, stark akkumulierenden Fiskalpolitik. Kurzum: Alle denkbaren Geldkreisläufe wurden konsequent kurzgeschlossen, Liquidität sollte kein Engpass für wirtschaftliche Aktivität sein.
Trotzdem gelang es bekanntermaßen nicht, das Land »Coronafest« zu machen. Die ökonomischen Folgen der ersten Infektionswelle bis zum Sommer 2020 wurden zwar mit massiven staatlichen Hilfsprogrammen zugeschüttet. Fundamentale politische Differenzen verhindern bisher eine Wiederholung der robusten Intervention.
Das soll sich nun ändern. Am vergangenen Donnerstag stellte Joe Biden sein Maßnahmenpaket als Krisenantwort der neuen Administration vor. Es umfasst 1,9 Billionen USD weitere Staatsausgaben (die vorangegangenen Hilfspaktete: 3 Billionen im April und 0,9 Billionen USD im Dezember 2020). Im Falle einer zügigen Verabschiedung hat allein die US-Regierung seit April 2020 5,8 Billionen US-Dollar zur Kompensation der Pandemiefolgen bereitgestellt. Hinzu kommen Einzelmaßnahmen der Bundesstaaten. Zum Vergleich: Das Bruttoinlandsprodukt der USA beträgt 21,428 Billionen USD pro Jahr. Die fiskalischen Hilfsprogramme umfassen mehr als ein Viertel des Bruttoinlandsprodukts. Zusätzlich stützt die Notenbank die Wirtschaft mit Anleiheaufkäufen (120 Mrd. USD pro Monat, entsprechend 1,44 Billionen USD im Jahr).
Trotzdem sind mit 10,736 Mio. aktuell immer noch fast doppelt so viele Menschen arbeitslos, wie bis Februar 2020 (5,717 Mio. Arbeitslosenquote: 6,7 %). Nur etwa jeder zweite arbeitslose US-Amerikaner erhält staatliche Unterstützung (5,3 Mio)1. Im Dezember 2020 gingen zudem 140.000 Arbeitsplätze verloren. Falls es eine dynamische wirtschaftliche Erholung von der Pandemie gibt, geht diese am Arbeitsmarkt komplett vorüber.
Die US-Arbeitslosigkeit hat sich seit dem Pandemiebeginn verdoppelt und verharrt auf diesem Niveau. Die Finanzmärkte feiern die umfassenden Geldgeschenke und Aktienindizes überbieten sich in immer neuen historischen Höchstständen.
Die Hoffnung des Jahres 2021: Mainstreet vollzieht nach, was Wallstreet vorgemacht hat. Das heißt im Umkehrschluß:
In einer der finalen Entscheidungen verfügte Donald Trump per präsidialem Erlass, dass US-Investoren sich aus weiteren chinesischen Firmen zurückziehen müssen. Die Trump-Administration setzte Cnooc (China National Offshore Oil Corporation) und Xiaomi auf den Index. Cnooc ist ein Staatsunternehmen, Xiaomi ein Hersteller von Reiskochern, Zahnbürsten und diversen Telekommunikationsgeräten. Xiaomi (man beachte die Abfolge gleich dreier Vokale) profitierte enorm von den Sanktionen gegenüber Huawei und hatte kürzlich stolz verkündet, mehr Smartphones abzusetzen, als Apple.
Xiaomi wurde seine Diversifizität zum Verhängnis. Es stellt eine gante Armada von preiswerten Geräten in ausgezeichneter Qualität her. Die meisten Geräte sind netzwerkfähig und weil man in China ist: natürlich mit 5G ausgestattet. Diese Kombination erregt das Mißtrauen der Trumpisten: wie kann eine Firma derartige Geräte zu unschlagbaren Preisen herstellen? Die Antwort: indem man im Auftrag der chinesischen Regierung spioniert (und) indem man den bisherigen Kunden von Huawei Geräte verkauft2, die nur ein Ziel haben: Rechtschaffende Bürger auszuspionieren.
Xiaomi-Aktien sind in Hongkong gelistet (Kürzel: 1810). Der Preisabschlag der letzten Woche könnte eine Gelegenheit für einen preiswerten Einkauf sein.
Die Bemühungen der USA, asiatische Innovationen per Dekret zu verhindern, sind natürlich vergebens. Bei den Konkurrenten von Xiaomi, insbesondere Oppo und Vivo knallen vermutlich gerade die Sektkorken. Auch Samsung begrüßt die Entwicklung. Dank der politischen Unterstützung der Trump-Administration ist Samsung jetzt wieder unangefochten der größte Handy-Hersteller der Welt. Huawei belegt trotz der US-Sanktionen aber immer noch den zweiten Platz.
Huawei ist auch die Grundlage für den hier vorgestellten Preistreiber: Der halbstaatliche chinesische Konzern schiebt wegen der US-Sanktionen gerade eine Innovationswelle an. Die US-Sanktionen haben die offene Flanke der chinesischen Hardwareindustrie exponiert: China ist bei hochintegrierten Chips von US-Importen abhängig. Nun zieht man alle Register, um diesen Rückstand aufzuholen.
Huawei baut seit der offiziellen Verbannung aus den USA im August 2020 über seine Venture-Capital-Sparte Hubble Technology Investments im Monats-Rhythmus Partnerschaften(Joint-Ventures) mit lokalen Chipherstellern und Zulieferern auf. Inzwischen ist ein Netzwerk von 20 Firmen entstanden, die gemeinsam die Technologieführerschaft der USA in diesem Sektor zu brechen trachten.
Der Handelskrieg der Trump-Administration hat in China zu strategischen Weichenstellungen beigetragen. Die Halbleiterindustrie soll komplett autark arbeiten. Das bedeutet: Auch die Produktionsstraßen werden komplett mit eigenen Produkten ausgestattet. Die japanische Wirtschaftszeitung Nikkei berichtete kürzlich, dass die Industrieschwergewichte Semiconductor Manufacturing International Corporation und Yangtze Memory im großen Stil ausländische Einbauen entfernen.
Das ist preisdämpfend für europäische und US-Maschinenbauer, stützt hingegen die korrespondierenden chinesischen Sektoren. Welchen Wert das gerade abgeschlossene Investitionsabkommen zwischen der EU und China vor diesem Hintergrund hat, wird sich zeigen.
In der vergangen Woche kappte die französische Total ihre Mitgliedschaft im mächtigen American Petroleum Institute(API). Diese Lobbyorganisation trieb maßgeblich die Aufweichung der Umweltgesetzgebung unter Trump voran. Seit 2019 müssen die Ölförderer beispielsweise keine Rechenschaft mehr ablegen über die Menge des austretenden, klimaschädigenden Methans. Ferner unterstützt man großzügig Abgeordnete, die den Klimawandel in Frage stellen und betrieb/betreibt aktiv die Freigabe der Ausbeutung von Kohlenwasserstoffreserven in Alaska. American Petroleum verhindert aktiv den Umbau des Transportsektors in Richtung Elektromobilität. In der ersten Woche des Jahres kündigte API an, die für US-Verhältnisse ambitionierten Klimaschutzpläne der Biden-Administration frontal zu bekämpfen. API hat mehr als 600 Mitgliedsfirmen und ist am Ehesten mit hiesigen Industrieverbänden, wie dem VDMA vergleichbar.
Total, als halbstaatliche französische Ölgesellschaft, sieht sich wie seine europäischen Schwestergesellschaften Equinor, BP und Royal Dutch Shell seit langem massiver Kritik der Unterstützung der Lobby-Arbeit der API ausgesetzt. Unmittelbar vor dem Machtwechsel in den USA zog man öffentlichkeitswirksam den Stecker.
Die anderen europäischen Ölgesellschaften sind noch nicht so weit. Hier verteidigt man seine Mitgliedschaft mit dem Hinweis, nur auf diesem Weg europäische Interessen durchsetzen zu können. Diese Position ist angesichts der angekündigten Totalopposition gegen die Klimaschutzziele kaum mehr haltbar.
Total baut sein Geschäft konsequent grün um: Fast zeitgleich mit der Kündigung der API-Mitgliedschaft verkündete man ein Joint-Venture mit 174 Power Global aus Südkorea an. Gemeinsam will man Solarkraftwerke und Batterie-Energiespeicher in den USA installieren und betreiben. Deutlicher kann man den Seitenwechsel nicht inszenieren.
Das Total-Management hat mit Sicherheit nicht nur aus eigener Überzeugung gehandelt. Bereits einen Tag nach der Verkündigung der Join-Ventures mit 174 Power Global stütze der Vorsitzende von KLP, des größten norwegischen Pensionsfonds, demonstrativ in einer Presseerklärung die Maßnahme von Total. Anders als der ungleich größere Staatsfonds hält KLP an seinen Investments in Energietitel fest. Nun bietet sich dem Fondsmanagement eine Gelegenheit, das Anlagedepot nachhaltig umzustrukturieren ohne die Assetallocation grundsätzlich anzupassen. Hieronymus vermutet, dass im Vorfeld von institutionellen Investoren ein entsprechender Druck aufgebaut wurde, das Management also umsetzte, was die Kapitalseite diktierte.
Angesichts des anhaltenden Nullzinsumfelds sind Anleiheinvestments eine Herausforderung. In einigen Jahresausblicken wird der Assetklasse »Anleihen« eine schlechtere Renditeperspektive ausgestellt, als Bargeld. Trotzdem kann vielfach auf Anleihen nicht verzichtet werden.
Um so interessanter sind zwei Projekte zur Finanzierung nachhaltiger Entwicklungen. Bereits im Oktober 2020 emittierte die italienische Enel eine nachhaltige Anleihe (Volumen: 500 Mio. €). Das besondere: Der zu zahlende Zins ist abhängig von den Erfolgen, den eigenen nachhaltigen Geschäftsumbau voranzutreiben. Falls Enel die in den Anleihebedingungen festgeschriebenen Ziele nicht erreicht, erhöht sich der Anleihezins. Das ist aber nicht alles. Die Anleihe wurde gemeinsam mit JPMorgan emittiert. Die Bank nutzt die Kooperation mit Enel, sein eigenes Image aufzubessern. JPMorgan verspricht mit 200 Mio € Projekte zu finanzieren, die die UN-Nachhaltigkeitsziele umsetzen. Sollte die Bank keine angemessenen Projekte finden, steigt der Zins der emittierten Anleihe.
Nun könnte man vermuten, dass die Anleihe im Grunde Spekulationen auf ein Verfehlen der gesetzten Nachhaltigkeitsziele sind. Das Gegenteil ist jedoch der Fall. Sollten die Emittenten die gesetzten Ziele tatsächlich verfehlen, steigt zwar der ausgeschüttete Kupon. Gleichzeitig fällt jedoch der Marktpreis der Anleihen.
Ganz anders im Falle einer Übererfüllung der Ziele. Der Marktpreis antizipiert eine Fortsetzung der Übererfüllung. Die Anleger können die Anleihen bereits während der Laufzeit veräußern, wenn die Zielrendite erreicht ist. Je früher dies möglich ist, desto höher ist der relative Ertrag.
Die gekoppelten Anleihen verhalten sich wie Stillhalteroptionen.
Dieses Modell scheint Schule zu machen. HSBC emittierte jüngst eine Siemens Gamensa Anleihe. Das Besondere: Falls sich das Nachhaltigkeitsrating von Siemens Gamensa während der Laufzeit verbessert, verspricht HSBC Non-Profitorganisationen finanziell zu unterstützen. Falls das Siemens Gamensa-Rating sinkt, muss der Windturbinenhersteller diese Zahlungen leisten. Und da behaupte noch jemand, dass Kaptialmarktteilnehmer keine Möglichkeit haben, aktiven Klimaschutz zu unterstützen.
Zuerst sah es aus, als ob die englische Mutation des SARS-CoV-2-Virus die größte Gefahr für die weitere Bekämpfung der Pandemie darstellen würde. Zusammenfassend: Die Mutation »501Y.V1«, die von europäischen Virusvarianten abstammt, vermag sich besser an menschliche Zellen anzuheften. Das erhöht bei Kontakt die Wahrscheinlichkeit einer Infektion und wirkt sich als erhöhte Ansteckungsrate aus. Wer bereits eine Immunität gegen die Krankheit entwickelt hat oder geimpft ist, ist gegen diese Mutation geschützt.
Parallel dazu breitet sich eine Mutation aus Südafrika aus: »501Y.V2«. Auch diese Variante zeichnet sich durch eine extreme Ansteckungsrate aus. Sie hat sich im südlichen Afrika weit verbreitet und befällt auch jene, die bereits eine Immunität aufgebaut haben. Eine ähnliche Beobachtung machten Ärzte in Manaus (Brasilien). Dort hatte die Seuche im Frühsommer 2020 fast alle Slumbewohner befallen und für eine Herdenimmunität gesorgt. Aktuell steigen die Fallzahlen und Todesraten wieder an. Eine kürzlich vorgenommene Sequenzierung zeigte eine weitere Mutation »501Y.V3«, mit ähnlichen Eigenschaften wie »501Y.V2«. Dieses Virus verbreitet sich auch in Kolumbien und Peru.
»Normale« Viren sind besonders erfolgreich, wenn sie ihre Wirte nur mäßig beeinträchtigen. Schnupfenviren, die auch Coronaviren sind, stehen hierfür Pate. Bislang reihte sich SARS-CoV-2 in diese Kategorie ein: 50 - 80 Prozent aller infizierten bemerken die Erkrankung gar nicht. Zudem schützt eine durchlebte Infektion nur temporär vor einem erneuten Befall. Die Tatsache, dass unter drei kürzlich neu entdeckten Mutationen gleich zwei sind, die eine vorhandene Immunisierung des Wirts umgehen und gleichzeitig infektiöser sind, zeigt dass SARS-CoV-2 kein normales Virus ist. Die Art der Transmission und der zuerst sehr milde Krankheitsverlauf lassen zudem Zweifel an der zweiten Annahme der Virologen aufkommen, wonach sich das Virus evolutionär abschwächt. Wenn infektiöse Überträger in den ersten beiden Wochen keinerlei körperliche Beeinträchtigungen verspüren, verbreiten sie das Virus maximal, auch wenn sie in der Masse kurz darauf versterben.
Nichts und niemand hindert das Virus daran, infektiöser zu werden, bestehende Immunisierungen zu umgehen und zudem den Wirt im Krankheitsverlauf sicher zu töten.
Das sind sehr gute Nachrichten für die Impfstoffhersteller. Das von der Grippe bekannte Katz- und Mausspiel um mutierte Virenstämme wird auch die weitere Bekämpfung der COVID-Seuche prägen. Allein die Perspektive auf möglicherweise steigende Mortalitäten eröffnet der Branche für die nächsten Jahre ein lukratives Geschäftsfeld.
Kurzfristig könnten diese Erkenntnisse die global ausgerollte Impfstrategie torpedieren. Warum soll man sich impfen lassen, wenn die Impfung nicht gegen mutierte Virenstämme schützt, die quasi aus dem Nichts auftauchen und sich dann exponentiell verbreiten? Zudem müssen sich besonders von den Pandemiefolgen betroffene (und vielerorts durch staatliche Hilfsprogramme konservierte) Branchen möglicherweise komplett neu erfinden.