Damals war der Mexikanische Peso fest an den US-Dollar gekoppelt. Trotzdem boten mexikanische Banken deutlich höhere Zinsen auf Sichteinlagen. Es war scheinbar risikolos, in den USA einen Kredit aufzunehmen, das empfangene Geld in Peso zu wechseln und in Mexiko auf ein Sparkonto einzuzahlen.1
Die Finanzmarktteilnehmer trauten dem Braten jedoch nicht. Anstatt zu verschwinden, weitete sich die Zinsdifferenz bis 1976 sogar aus. Im August 1976 behielten die Skeptiker Recht: Die Währungsbindung wurde über Nacht aufgegeben. Der Peso wertete innerhalb von 24 Stunden um 46 Prozent ab.
Milton Friedman hatte zuvor öffentlich die Währungsbindung in Frage gestellt und ein abruptes Ende prognostiziert. Kenneth Rogoff, heute Ökonomieprofessor an der Harvard University, untersuchte diese Abnormalität in seiner Dissertation. Das danach benannte Peso Problem und dessen mathematische Herleitung ist heute Teil einer jeden fundierten Ökonomieausbildung. Das Muster ist nicht auf den Währungsmarkt beschränkt.
Grundvoraussetzung ist eine Preisbarriere, die wie eine Staumauer einen Fluß aufstaut – bis sie bricht oder kontrolliert geöffnet wird.
Je länger offensichtliche Aribitage-Gelegenheiten bestehen, desto größer ist das Risiko einer abrupten Preisänderung.
Im Zenit der europäischen Staatsschuldenkrise(2011) preiste der Kapitalmarkt ein Zerbrechen der europäischen Währungsunion ein. Anleger flüchteten darauf hin in den Schweizer Franken. Dieser wertete innerhalb weniger Tage um über 20 Prozent auf. Dies ist in der folgenden Graphik im Sprung von 1,30 auf 1.05 dargestellt. Daraufhin verkündete die Schweizer Nationalbank(SNB), dass sie einen Wechselkurs von 1,20 CHF/EUR garantieren würde.
Die Maßnahme wirkte. Der Wechselkurs des Franken zum Euro stabilisierte sich oberhalb der Zielmarke.
Die Schwäche der Eurozone hielt jedoch an. Der Franken näherte sich bereits im April wieder der Interventionsmarke an. Bis September 2012 war der Wechselkurs zum Euro dann stabil. Ein untrügliches Zeichen für wiederholte Währungsinterventionen. Im September 2012 stabilisiert sich die Eurozone, die Interventionen der SNB hören auf, im Chart bildet sich sofort wieder das typische Muster zurück.
Im April 2014 wiederholt sich das Spiel. Die schweizer Unternehmen profitieren seit über zwei Jahren von der Zwangs-Abwertung der Währung. Immer mehr Marktteilnehmer stellen das Preisniveau des Franken in Frage. Bis Januar 2015 hält die SNB mit immer größeren Interventionen dagegen. Die Wechselkursschwankungen kommen wieder fast zum Stillstand.
Am 19. Januar 2015 bricht die Bastion der SNB zusammen. Der Franken fällt schlagartig um 20 Prozent.
Dies ist ein schönes Beispiel, wie lange Übertreibungen ungeachtet aller Kosten aufrecht erhalten werden, wenn entsprechende Interessen gewahrt werden sollen.
Es ist unmöglich den Zeitpunkt der explosiven Auflösung der Übertreibung zu prognostizieren
… ist eine Änderung der Wirkung, die verzögert gegenüber einer Änderung der Ursache auftritt. Sie ist zentral bei Spekulationen im Regime des Peso Problems. Dieses Muster ist so weit verbreitet, dass spezielle Algorithmen entwickelt wurden, um die Preisentwicklungen profitabel zu begleiten. Vielfach spekulieren die Marktteilnehmer auf einen Fortbestand der Aribitagemöglichkeit. Schließlich bietet dies die Chance, über lange Zeiträume wenig volatile Überrenditen zu erzielen.
Ein untrügliches Zeichen für einen bevorstehenden Zusammenbruch des künstlich aufrechterhaltenen Preisregimes gibt es nicht. Typischerweise verstummen aber unmittelbar vor einer eruptiven Preisentwicklung kritische Stimmen. Informierte Marktteilnehmer nutzen die letzte Gelegenheit, ihre Engagements zu schließen, Privatanleger werden in dieser Phase gern über geschickt lancierte PR-Artikel in den Markt gezogen.
Short Volatility Trade. Als Konsequenz der Quantitative Easing Programme der FED ging die Volatilität an den Aktienmärkten speziell in den USA ab 2013 ständig zurück. Der VIX, der die erwartete Schwankungsbreite des S&P 500 in den folgenden 30 Tagen repräsentiert, fiel von einem Durchschnittswert von 25 f 15 und später sogar auf 10 Prozent zurück. Dieser Trend konnte mit short Volatility Produkten profitabel begleitet werden. Zunächst war dies eine Spielwiese für erfahrene Optionshändler, später wurden sogar ETF’s emittiert, die begeistert von Spekulanten erworben wurden.
Im Februar 2018 änderte sich das Regime. Die Marktvolatilität stieg schlagartig auf 30 Prozent (+ 200 %), Short-Volatility-Positionen fuhren exponentielle Verluste ein. Die Aktienmärkte beantworteten dies mit einem massiven Ausverkauf.
ABS Bewertungsblase. Der Film The big Short zeigt sehr schön den Verlauf der Platzens der Bewertungsblase bei verbrieften US-Immobilienkrediten im Jahr 2007.
Junk-Bond Blase. In den 1890er Jahren erkannte der Fondsmanager Micheal Milken, dass ausfallgefährdete Anleihen (Junk Bonds) mit einem ungerechtfertigten Preisaufschlag gehandelt werden. Das ökonomische Umfeld dieser Zeit (zurückgehende Inflationsraten, US-Dollarschwäche) führte zu einer systematischen Senkung des Insolvenzrisikos. Über fast 10 Jahre konnte eine informierte Schar von Fondsmanagern hohe Erträge erzielen.
In den Jahren 1989 und 1990 kehrte sich dies um. Diese schmerzhafte Phase ging als »The Great Debacel« in die Börsengeschichte ein.
(letztes Update: 17. Januar 2022)
Das beschriebene Szanario ist der Archetyp eines Carry Trades ↩